Nach Jahrzehnten der Feindschaft:Den bräunlichen Veteranen galt Wallfraff als besonders gefährlich

Wallraff interessiert sich vor allem dafür, wie ihn deutsche Sicherheitsbehörden abhören ließen. "Bekanntlich tummelten sich seinerzeit zahlreiche Leute mit Nazi-Vita in den Geheimdiensten", sagt Wallraff, "vor allem im BND waberte und dampfte regelrecht die braune Kacke." In der Tat wimmelte es in den deutschen Behörden damals von Leuten, die bereits im Sicherheitsapparat des NS-Regimes arbeiteten. Der politisch eher Links verortete, aber parteilose Wallraff galt den bräunlichen Veteranen als besonders gefährlich: "Für die war ich der Feind, den man mit immer neuen Vorwänden unter dauernder Beobachtung halten wollte."

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Will die "Bild"-Vergangenheit transparent machen: Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner

(Foto: dapd)

Wallraff schildert, wie die Geheimdienste seine Recherchen behinderten - und in zwei Fällen sogar verhinderten: Einmal flog er bei Melitta auf: "Der Inhaber Horst Benz, ein ehemaliger SS-Mann, war aus Geheimdienstkreisen gewarnt worden, wie er sich später selber rühmte", sagt Wallraff und man merkt ihm an, wie ihn die geplatzte Recherche noch immer wurmt.

Die staatliche Schnüffelei hatte auch Auswirkungen auf Wallraffs Umfeld. Kürzlich meldete sich ein Bekannter bei ihm, ein früherer Juso. Der Mann habe ein BND-Dossier erhalten, aus dem hervorgegangen sei, dass er in den siebziger Jahren seine Stelle in einer Behörde verloren habe, weil er Kontakt zu Wallraff hatte und dies über sein abgehörtes Telefon bekannt geworden sei.

Und auch Bild erhielt Informationen über Wallraff - und das offenbar in größerem Umfang: "Es gab sogar eine Parallelschaltung von meinem Büro in die Kölner Bild-Redaktion, von einer Seilschaft des BND bewerkstelligt."

Die Bild-Redakteure standen nachher vor Gericht und mussten Geldbußen bezahlen. Die ausführenden Instanzen des Geheimdienstes wurden bis heute nicht belangt. Nun hofft Wallraff darauf, dass auch die Hintermänner enttarnt werden - ausgerechnet mit Springers Hilfe. Bekommt eine der giftigsten Feindschaften deutscher Nachkriegsgeschichte ein Happy End?

Zumindest haben sich die Protagonisten schon einmal persönlich kennengelernt. Neulich, beim Festakt zum zehnjährigen Bestehen des Jüdischen Museums in Berlin wurden Wallraff und Döpfner einander vorgestellt. Günter Wallraff erzählt von dieser Begegnung in nüchternen, kontrollierten Worten. Er sagt es zwar nicht, aber man hört: Döpfner war ihm nicht unsympathisch. Er sagte dem Konzern-Lenker damals den Satz: "Das ist wohl der richtige symbolische Ort, sich die Hand zu geben."

Schwarz auf Weiß. ARD, 23.30 Uhr; Die lange Günter Wallraff-Nacht, Samstag, 19.11; WDR, von 23.30 Uhr an, beginnend mit Der Mann, der bei Bild Hans Esser war.

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