Als am 20. Juli 1969 der erste Mensch den Mond betrat, sahen 500 Millionen Menschen zu. Überall auf der Welt standen und saßen sie vor den Fernsehgeräten und hörten durch das Rauschen und Piepen der Audio-Übertragung jene unglaublich entspannte Stimme diesen einen Satz sagen: "The Eagle has landed." Dann kletterte Neil Armstrong aus der Landefähre und sagte seinen noch viel berühmteren Satz.
Wenn nun am Mittwoch die europäische Raumsonde Rosetta ein kühlschrankgroßes Landegerät auf einem Kometen absetzt, rechnet niemand mit solchen Zuschauerzahlen. Natürlich nicht, könnte man sagen, da landet eben ein kleiner Würfel voller Technik und kein Mensch. Und auch nicht auf dem Mond, sondern auf einem Felsbrocken zwischen Mars und Jupiter mit dem unaussprechlichen Namen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko. 500 Millionen Zuschauer? Niemals.
Zeichentrickfilme, Dokumentationen und ein Livestream
Ginge es nach Marco Trovatello, wäre das anders. Er ist sogenannter Cross-Media-Koordinator bei der ESA in Paris und mitverantwortlich für die größte PR-Kampagne, die es in der Geschichte der europäischen Raumfahrtagentur gegeben hat. Trovatello hat Rosetta-Dokumentationen auf Youtube stellen lassen (in einer von ihnen baut ein Wissenschaftler die Mission mit Legosteinen nach) und Zeichentrickfilme in drei Sprachen. Rosetta ist bei Facebook und bei Google Plus, überall läuft der Countdown zur Landung. Zuletzt durften Internetnutzer den Namen des Landeplatzes aussuchen. Trovatello will auch Menschen, die keine Weltraumfans sind, in das Abenteuer einbeziehen; möglichst viele sollen live dabei sein. Dafür nutzt er alle Kanäle: Auf der Website der ESA wird es am Mittwoch einen Livestream der Landung geben, der eine Million Menschen bedienen kann. Im deutschen Fernsehen macht 3sat einen Thementag mit Schalten ins Kontrollzentrum in Darmstadt.
Für die ESA ist ein solcher PR-Aufwand neu. Ihre komplizierte, internationale Struktur schien bisher großen Erfolg beim Publikum eher zu verhindern: Zu viele Stellen müssen Material absegnen, bevor es veröffentlicht werden kann. Die hierarchisch organisierte Nasa hat es da leichter. Als die ESA erst nur zögerlich Fotos von Rosettas Komet veröffentlichte, gab es harsche Kritik. Die ESA reagierte. Mittlerweile stehen alle Fotos der Navigationskamera frei verfügbar im Netz.
Rosetta soll ein Event werden
Andererseits hat es für die Europäer noch nie einen solchen Anlass für Öffentlichkeitsarbeit gegeben. Missionen in dieser Größenordnung sind bei der ESA selten. Rosetta soll nun ein Event werden. Und die reine Faszinationskraft des Ereignisses reicht dafür längst nicht mehr aus. Trovatello weiß, dass viele das maßlos finden werden, aber er sagt es trotzdem: "Die Mission ist von ihrer Bedeutung her mit der Mondlandung zu vergleichen." Die Sonde könnte herausfinden, ob es die Kometen waren, die Wasser und Leben auf die junge Erde gebracht haben. Nur die Zeiten sind andere als beim kleinen Schritt für Neil Armstrong und dem großen für die Menschheit: "Wir befinden uns in einem ganz anderen Kampf um Aufmerksamkeit."