Marietta Slomka im Interview:"Das wird jetzt eine Schlacht"

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Was muss ein gut geführtes Interview mit einem Politiker leisten? Marietta Slomka ist bekannt für ihre hartnäckigen Nachfragen. (Foto: ZDF und Klaus Weddig)

Die Moderatorin des "Heute-Journals" erzählt von schwierigen Gesprächspartnern, "Lügenpresse"-Kampagnen und davon, wie sie auf Vorwürfe reagiert.

Interview von Thomas Jordan

Marietta Slomka, 50, ist Moderatorin des Heute-Journals im ZDF und Buchautorin. Sie ist bekannt für ihr hartnäckiges Nachfragen in Interviews. Am Dienstag spricht Slomka in Berlin mit Margreth Lünenborg (FU Berlin) und Nico Fried (SZ) über das Selbstverständnis und die gesellschaftliche Rolle des politischen Journalismus.

SZ: Frau Slomka, Sie sagen von sich selbst: "Ich gehe in Interviews dahin, wo Reibung ist." Was gewinnen Sie dadurch?

Marietta Slomka: Journalismus hat die Aufgabe, jene kritisch zu beobachten, die Verantwortung tragen. Ein gut geführtes Interview kann einen Politiker vielleicht nicht "knacken" - aber es kann zeigen, wo die Knackpunkte liegen. Durch die Frage erhält der Zuschauer wichtige Infos, selbst wenn der Politiker nicht darauf eingeht.

Beredtes Schweigen sozusagen.

Manchmal ist ja die Tatsache, dass jemand auf eine Frage nicht antwortet, auch eine Aussage. Was viele nicht verstehen, ist, dass ich, wenn ich Gegenfragen stelle, nicht meine eigene Meinung darstelle, sondern als Journalistin den Gegenpart einnehme.

Ist das Misstrauen gegen den Journalismus in den letzten Jahren gewachsen?

Es ist schwierig zu bemessen, inwieweit "Lügenpresse"-Kampagnen verfangen, die natürlich darauf abzielen, kritischen Beobachtern Kraft zu nehmen. Es gibt aber Umfragen, unter anderem von der Forschungsgruppe Wahlen, die zeigen, dass sich die Glaubwürdigkeit von Qualitätsmedien relativ wenig verändert hat. Und wir sehen das auch an den Zuschauerzahlen. Das Heute-Journal hatte zuletzt mit gut 14 Prozent im Jahresschnitt den höchsten Marktanteil seit Mitte der 1990er-Jahre.

In einem Interview aus dem Jahr 2013 sagte Sigmar Gabriel Ihnen einmal ins Gesicht, dass Ihre Frage Blödsinn sei - was haben Sie da gedacht?

Ich dachte, oje, das fängt an, aus dem Ruder zu laufen. Das wird jetzt eine Schlacht. Da hilft es dann aber nichts, sich zurückzuziehen. Man muss es durchziehen.

Gabriel legte damals nach und warf Ihnen vor, Sie hätten schon öfter Sozialdemokraten das Wort im Mund umgedreht.

Da werde ich sauer. Wenn mir Parteilichkeit unterstellt wird. Das fand ich ungerecht. Es gibt in 17 Jahren genügend Interviews von mir, die zeigen, dass das nicht so ist.

Man hat den Eindruck, dass zur Zeit immer öfter völlig gegensätzliche Meinungen aufeinanderprallen - wie sollten Journalisten damit umgehen?

Unsere Aufgabe ist es, konträre Bewertungen zu Wort kommen zu lassen und zu beleuchten. Das gilt nicht nur für Meinungen, sondern auch für Sachargumente. Im Heute-Journal haben wir dafür ein Format in der Sendung, das heißt Pro und Contra. Das gefällt mir an meinem Beruf auch besonders, dass man so viele Themen von verschiedenen Seiten betrachtet.

"Journalismus - braucht man das oder kann das weg?" Marietta Slomka im Gespräch, FU Berlin, Dienstag, 10 Uhr.

© SZ vom 19.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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