Nach einer falschen Tatsachenbehauptung der Kabarettistin Lisa Fitz zu Impftoten in der SWR-Comedy-Sendung "Spätschicht" hat der Südwestrundfunk Fehler eingeräumt. Fitz sprach in der Sendung, die am vorvergangenen Freitagabend im SWR ausgestrahlt worden war, von EU-weit 5000 Corona-Impftoten. Weil es sich um eine falsche Aussage von Fitz handle, werde die Sendung aus der ARD-Mediathek genommen und auch von allen SWR-Plattformen und -Kanälen entfernt, teilte der Sender am Sonntag mit.
Damit änderte der SWR seine am vergangenen Freitag gegebene Einschätzung, nach der die Äußerungen von Lisa Fitz von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt gewesen und durch ein entsprechendes Sendungskonzept kritisch eingeordnet worden seien. "Meinungsfreiheit ist für uns ein hohes Gut. Dennoch war die erste Reaktion falsch, weil es hier eben nicht um eine Meinungsäußerung geht", sagte Clemens Bratzler, SWR-Programmdirektor Information nun. "Bei der Konzeption der fraglichen Ausgabe war es das Anliegen der Redaktion, unterschiedlichen und kritischen Meinungen auch zum sensiblen Thema Impfen Raum zu geben." Die Meinungsäußerungsfreiheit gelte jedoch nicht unbegrenzt, sondern ende auch in einer Comedy- oder Satiresendung bei falschen Tatsachenbehauptungen. "Die Aussage von Lisa Fitz zur Anzahl der Impftoten ist nachweislich falsch." Die Debatte schärfe den Blick auf die journalistischen Standards und die Wirkung der Angebote.
Zensur versus Meinungsfreiheit versus Fakten
Bei ihrer Aussage zu den angeblich 5000 Impftoten hatte sich Fitz auf einen Entschließungsantrag berufen, der im Europäischen Parlament eingebracht wurde. "Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass die in diesem Antrag benannten Zahlen der Impftoten aller Wahrscheinlichkeit nach nicht belastbar sind", erklärte der SWR. Der betreffende Antrag sei der taz zufolge von der rechtsextremen EU-Parlamentarierin Virginie Joron eingereicht worden. Joron wiederum stütze sich auf eine Internetseite, auf der Privatleute vermeintliche Impffolgen melden, ohne dass eine wissenschaftliche Prüfung erfolge. Auch ein Faktencheck der Deutschen Presse-Agentur von Mitte November widerlegte die Angaben Jorons.
In einer ersten Stellungnahme zur Berichterstattung über den Auftritt von Lisa Fitz hatte der SWR die Künstlerin noch verteidigt. Fitz' Beitrag sei zwar "zugegebenermaßen insbesondere in seiner Wirkung schwierig", hieß es. In der Abwägung eines möglichen und erwartbaren Vorwurfs der Zensur, wenn die Redaktion den vorgelegten Text abgelehnt hätte, habe sich der SWR jedoch "bewusst dazu entschieden, diesen Text zu senden, um die Pluralität der vorkommenden Meinungen in der 'Spätschicht' zu beweisen". In ihrem Beitrag sprach Fitz mit Blick auf die Politik etwa von einem Prozent Panikmacher, "die 99 Prozent Lemminge" steuerten. Die Impfpflicht sei der "feuchte Traum der Pharma".
Ihr Auftritt ist nun nicht mehr abrufbar - und die Debatte um Meinungsfreiheit und Zensur, die sich der SWR so gerne erspart hätte, erst recht in vollem Gange.