Interview mit SPD-Chef Gabriel im "heute-journal":"Lassen Sie uns den Quatsch beenden"

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ZDF-Moderatorin Marietta Slomka befragt SPD-Chef Sigmar Gabriel zum Mitgliederentscheid seiner Partei zur großen Koalition. Aus dem Interview wird ein Duell der Befindlichkeiten. Das ZDF wehrt sich gegen den Vorwurf der Parteilichkeit.

Von Jana Stegemann

Sigmar Gabriel hat es in diesen Tagen nicht leicht. Erst die nächtelangen kräftezehrenden Verhandlungen mit den Koalitionspartnern, dann die Konfrontation mit schwarz-rot-skeptischen SPD-Mitgliedern in Hessen - und dann noch dieses Interview mit Marietta Slomka. Bei einer direkten Schalte aus Frankfurt ins "heute-journal" lieferte sich der SPD-Chef ein heftiges Wortgefecht mit der ZDF-Moderatorin. Gereizt und dünnhäutig präsentierte sich Gabriel. Slomka ihrerseits ließ zum Ende des Geprächs ihre gewohnte Professionalität vermissen und ging kaum mehr auf Argumente des SPD-Chefs ein. (Hier die Sendung in voller Länge "Schaltgespräch Gabriel", Minute 7:20)

Der Grund des öffentlichen Streits: Slomka hatte unter Berufung auf Juristen die Verfassungsmäßigkeit des SPD-Mitgliederentscheids über den Koalitionsvertrag mit der Union in Zweifel gezogen und Gabriel gefragt, ob es nicht zukünftig zwei Klassen von Wählern gebe, wenn das SPD-Beispiel Schule mache. Auf der einen Seite die etwa 62 Millionen Wahlberechtigten, die über die Zusammensetzung des Bundestags entscheiden, auf der anderen Seite 470.000 SPD-Parteimitglieder, die darüber befinden sollen, welche Koalition künftig regieren werde. Ob er sich verfassungsrechtliche Gedanken über den Entscheid gemacht habe, fragte Slomka.

Gabriel dazu: "Nee, weil es ja auch Blödsinn ist." Mit leicht ironischen Unterton sagte Slomka später: "Ich dachte, dass in Deutschland alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht und nur das Wahlvolk entscheidet."

Gabriel wiederum antwortete zunehmend gereizt: "Ja, aber was macht dann die CDU? In der CDU entscheiden auch nicht die Wähler, sondern der Parteivorstand der CDU. Und der Parteivorstand der CSU. Das sind viel weniger Menschen als jetzt in der SPD entscheiden. Tun Sie mir einen Gefallen, und lassen Sie uns den Quatsch beenden."

ZDF weist Vorwurf der Parteilichkeit zurück

Nachdem sich Gabriel und Slomka mehrmals gegenseitig ins Wort gefallen waren, setzte der SPD-Chef im versöhnlicheren Ton an: "Frau Slomka, es wird nicht besser, wenn wir uns gegenseitig so behandeln." Doch im gleichen Atemzug feuerte er noch eine Spitze im Hinblick auf die vermeintliche Voreingenommenheit der Moderatorin ab: "Es ist ja nicht das erste Mal, dass Sie im Interview mit Sozialdemokraten nichts anderes versuchen, als uns das Wort im Mund umzudrehen." Darauf Slomka, der das Interview mehr und mehr entglitt: "Herr Gabriel, Sie werden mir jetzt bitte nichts unterstellen!"

Gabriel fügte hastig an, dass man ja nicht immer einer Meinung sein müsse, dann beendeet die Moderatorin abrupt und rang sich ein "Herr Gabriel, danke für das Gespräch ab!" Aus dem Off ist noch "Bitte" zu hören - da ist Gabriel schon längst aus dem Bild.

Es war einer der seltenen authentischen Momente in politischen TV-Sendungen, in denen die Gesprächspartner mehr von sich preisgeben, als ihnen recht ist.

Das ZDF hat sich am Freitag gegen den Vorwurf der Parteilichkeit zur Wehr gesetzt. Dies habe Moderatorin Marietta Slomka "entschieden und mit Recht" zurückgewiesen, erklärte "heute journal"-Redaktionsleiterin Anne Reidt. In dem Interview sei es "hart zur Sache und um die Sache" gegangen. "Argumentativer Schlagabtausch und Verbalgefecht sind Instrumente des politischen Journalismus", erklärte Reidt.

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