Zum Tod von Felix Huby:Er schuf Figuren für die halbe Ewigkeit

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Der wahrscheinlich fleißigste Fernsehautor nach Reinecker und Lichtenfeld: Felix Huby (1938-2022). (Foto: Jürgen Haas/obs)

Felix Huby erfand die "Tatort"-Kommissare Bienzle und Palu und galt als einer der prägenden Autoren des deutschen Fernsehens. Nun ist er im Alter von 83 Jahren gestorben.

Von Willi Winkler

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, selber quasi schon eine historische Gestalt, rühmt dem Landsmann Felix Huby regierungsamtlich nach, er habe mit dem Stuttgarter Kommissar Bienzle "eine Figur für die Ewigkeit" geschaffen. Huby, der auch schon als Warentester und Werbetexter gearbeitet hatte, erfand den Stuttgarter Kommissar als Fleisch von seinem Fleisch, einen leicht zerknautschten, welterschöpften schwäbischen Philosophen, wie sein Schöpfer geboren in Dettenhausen bei Tübingen, Kriminalist natürlich, doch im Zweifel mussten das Stoßgebet zum "liaben Herrgöttle von Biberach" und der Gang auf die Schwäbische Alb weiterhelfen.

Als er noch den guten alemannischen Namen Eberhard Hungerbühler trug, hatte Huby im Stuttgarter Spiegel-Büro gearbeitet. Den RAF-Prozess in Stammheim beobachtete er so teilnehmend, dass er in den Kassibern auftaucht, die aus den Zellen geschmuggelt wurden. Im Unterschied zu anderen leugnete Huby später nicht, dass er Sympathie für die Gefangenen empfand, und auch das ist für die Ewigkeit dokumentiert. Huby und der Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen wurden von den angeklagten Terroristen in radikaler Kleinschreibung damit beauftragt, "jetzt sofort sämtliche umfragen, die von den meinungsforschungsinstituten seit 70 zu raf/aktionen der raf" erhoben wurden, zu beschaffen. Als Baader, Ensslin und Raspe 1977 nach ihrem Suizid auf dem Stuttgarter Dornhaldenfriedhof beerdigt wurden, hat Huby geweint.

Hubys erstes Drehbuch war "Grenzgänger" mit dem ruhrpottgerecht fluchenden Schimanski

Eberhard Hungerbühler emanzipierte sich von der RAF, vom Spiegel und von seinem Namen und begann frei zu schreiben. Seine populärste Erfindung war der Bienzle, der allein es auf 25 Tatort-Folgen brachte. Der Dettenhausener konnte aber außer Schwäbisch noch mehr: Sein erstes Drehbuch war "Grenzgänger" (1981), der zweite Schimanski- Tatort, und Götz George fluchte ruhrpottgerecht bei sagenhaften 37 Zuschauerprozent. Im Schimanski-Roman, den ihm Huby hinterherschrieb, deutete er an, dass der Duisburger Kommissar das Prügeln in den Straßenkämpfen Ende der Sechzigerjahre gelernt hatte.

Huby wurde der wahrscheinlich fleißigste Fernsehautor nach Herbert Reinecker und Herbert Lichtenfeld. Neben dem Stuttgarter entwickelte er auch den Saarbrücker Kommissar Palu und den Hamburger Casstorff. Er war sich für kaum etwas zu schade, schrieb für das Großstadtrevier, für Abenteuer Airport und Ein Bayer auf Rügen. Es war viel Serienschrott dabei, aber das Fernsehen verabschiedete sich in den vergangenen Jahrzehnten freiwillig von seinem Aufklärungsanspruch und ließ soziale Probleme Probleme sein, zumal sich zeigte, dass Oh Gott, Herr Pfarrer einfach mehr Quote brachte. Seinem Bienzle blieb Huby treu, der vervielfachte sich in Roman, Theater, Hörspiel; zur großen Oper taugte er zum Glück nicht. Im tiefen Grunde seines Herzens blieb Huby Schwabe und zog deshalb nach Berlin, weil er in der Subventionsruine weniger Steuern zahlen musste. Dorthin holte er auch Peter Heiland, der in seinem Roman "Der Heckenschütze" ermittelt, auch ein Versuch, wie er in einem Interview sagte, den Berlinern "ein bisschen heimzuzahlen, was sie mir alles angetan haben". Felix Huby ist am vergangenen Freitag im Alter von 83 Jahren in der schwäbisch besetzten Zone Berlins gestorben.

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