Hörspiel "Quitzow auf dem Trockenen":Die große Dürre

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Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: SZ)

Ein Hörspiel über Menschen in der brandenburgischen Provinz, die sich selbst überlassen sind. Das bringt sie auf Ideen.

Von Stefan Fischer

Vor zwei Jahren ging es rund in der brandenburgischen Provinz. Da wurden in Quitzow Hahnenkämpfe veranstaltet, und bewusstseinsverändernde Substanzen waren auch immer zur Hand. Damals ließen Hermann Bohlen und Judith Lorentz in ihrem Hörspiel Hahnenkampf in Quitzow Berliner Städter und Provinzbewohner aufeinanderprallen, wobei es vor allem Letztere faustdick hinter den Ohren hatten. Und bei aller Absurdität durchwehte die Geschichte der Wahnsinn der Realität: Es ging stets auch darum, wie Menschen einen Alltag organisieren, wenn der letzte Rest an Infrastruktur verschwunden ist.

Nun, zwei Jahre später, sind die Städter immer noch da. Aber ihre hochfliegenden Pläne haben sich pulverisiert: Das mit den Hahnenkämpfen hat sich nicht bewährt, und mit Ayahuasca-Retreats lässt sich doch nicht das große Geld machen. Sie sind nun selbst Provinzbewohner, und der Provinz geht es schlechter denn je. Denn zum Abgehängtsein kommt die Dürre: Quitzow auf dem Trockenen ist die Fortsetzung der Geschichte von Bohlen und Lorentz; und es ist eine Geschichte der großen Ermattung und Lähmung. Der Hitze und der Perspektivlosigkeit wegen.

Hörspiel "Hahnenkampf in Quitzow"
:Gack!

Die Welt im Dorf: Hermann Bohlens Hörspiel ist eine feinsinnige Satire auf die durchglobalisierte Provinz.

Von Stefan Fischer

Aus den Leitungen kommt schon seit Tagen kein Wasser mehr. Aber im zuständigen Amt wissen sie es besser: Es liege keine Störung vor, in Quitzow laufe das Wasser. Das ist blanker Hohn und bürokratischer Irrwitz, der nicht nur in Brandenburg längst eingezogen ist: Irgendeine Software zeigt irgendeinen Mist an. Darauf verlassen sich die Zuständigen. Andernfalls müssten sie selbst nachsehen, wozu sie weder Lust noch Kapazitäten haben.

In Quitzow verschrumpeln derweil die Pflanzen, die Kühe geben kaum noch Milch, und die Hühner legen keine Eier mehr. Die Menschen sind gereizt, eher noch sprechen sie mit ihren Tieren, das fällt ihnen leichter, als mit ihren Nachbarn einen friedlichen Umgang zu pflegen. Die Zündschnüre sind kurz, und es ist heiß.

Man muss nur die richtigen Ideen haben, dann wird die Zukunft großartig

Bohlen und Lorentz inszenieren das mit einem feinen Händchen, die Trägheit der Atmosphäre führt nie zu einer Ermattung der Spannung. Quitzow auf dem Trockenen ist an keinem Punkt zäh, was an den oft schön lakonischen Dialogen liegt, an sprechenden Pausen und einem subtilen Sarkasmus.

Und dann gibt es ja auch wieder hochfliegende Pläne. Der trockene märkische Sand und der Sturzregen, der irgendwann kommen muss und dann einfach abfließen wird, weil der steinharte Boden das Wasser gar nicht aufnehmen kann: Das sind doch alles Chancen! Wenn die jeweils anderen nur nicht so borniert wären und dieses Potenzial ebenfalls sehen würden, statt ihren eigenen albernen Ideen nachzuhängen.

Quitzow auf dem Trockenen , RBB Kultur, 4. Juni 2023, 14 Uhr. Teil 2 am 9. Juni, 19 Uhr (Wdh. 11. Juni, 14 Uhr).

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