"Was sind Sie von Beruf?", möchte Erika von Tommy wissen, der neu ist hier in ihrem Dorf. "Schamane", antwortet der junge Mann. "Ah, das ist ja interessant." Ob er denn mit Hühnern reden könne, möchte die Alteingesessene wissen, während ihr Mann quengelt, weil er sich unwohl fühlt bei der Gruppe Zugezogener und gehen möchte.
Nein, Tommy kann nicht mit Hühnern reden. Erika möchte deshalb jetzt auch gehen, allerdings blafft sie Tommy im Hinausgehen noch an: "Ich halte sie für einen Schwachkopf, wenn sie als Schamane nicht mit Hühnern reden können." Das wäre also geklärt.
Der Autor und Regisseur Hermann Bohlen hat sich, wie das oft seine Art ist, auch für sein Hörspiel Hahnenkampf in Quitzow ein abstruses Setting ausgedacht, in Sichtweite der Realität und doch präzise neben der Spur. Eine Gruppe Städter zieht in die brandenburgische Provinz, in den fiktiven Ort Quitzow, um dort Ayahuasca-Retreats anzubieten. Am Ende der ersten Folge führt der Genuss des psychedelisch wirkenden Pflanzensuds allerdings zu Übelkeit und Erbrechen, was Bohlen gemeinsam mit Judith Lorenz als akustische Sauerei ersten Grades inszeniert hat.
Auf dem Hof der Ayahuasca-Jünger versuchen auch Mike und Raik unterzuschlüpfen, die illegale Hahnenkämpfe durchführen. Bohlens Kniff: Die Bewohner Quitzows sind keine ahnungslosen Provinzler, diese Erfahrung machen nicht nur Tommy mit Erika sowie später Mike und Raik mit dem Dorfpolizisten. Das Hörspiel ist eine Satire auf das Landleben, auf den Clash zwischen Landbewohnern und Stadtflüchtigen - in einer globalisierten Welt, der die brandenburgische Provinz viel härter ausgeliefert ist als jedes urbane Milieu. Selbst das Toilettenpapier bringt ein Lieferdienst, weil es keinen Laden mehr gibt im Umkreis, in dem man etwas kaufen könnte.
Sehr viel Komik steckt in Hahnenkampf in Quitzow, die Bohlen und Lorenz vor allem dadurch erzeugen, dass die Dinge stets unerwartete Wendungen nehmen. Nicht die Ayahuasca-Freunde sind die größten Esoteriker, nicht die Hahnenkampf-Veranstalter die Skrupellosesten, nicht die Dorfbewohner die Zukunftsfeindlichsten. Die Komik reicht bis zum Sound des Stückes, für den Hühnergegacker rhythmisiert worden ist zu kleinen Musiknummern, die oft eine kommentierende Funktion haben - weil sie belustigt klingen oder höhnisch, spöttisch oder anklagend. Gack!
Hahnenkampf in Quitzow, RBB Kultur, Sonntag, 14 Uhr. Teil 2 am 8. August