Germany's Next Topmodel:Jackass für Mädchen

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Im Matsch räkeln und mit Spinnen posieren: Heidi Klum fordert von den Kandidatinnen ihrer Casting-Show skurrile Einsätze. Und am Ende des Model-Selbsterfahrungstrips steht die Frage: "Wer bist Du überhaupt?"

Nora Gohlke

Schnittig rollt das Cabriolet durch die Straßen von Los Angeles. Am Steuer Heidi Klum, im Gepäck zwei Mädchen, ähh, Models oder welche, die es mal werden wollen, und natürlich viel Spaß - zumindest so viel, dass es noch chic wirkt. Die beiden Auserwählten Alisar und Leyla haben eine der unzähligen "Tschällendsches" gewonnen, die die Castingshow Germany's Next Topmodel für ihre Kandidatinnen bereithält.

Neele und Hanna haben auch am Ende von Episode 13 ein Foto bekommen - und sind weiter im Kampf um den Titel "Germany's Next Topmodel". (Foto: dpa)

"Du 700 und du auch 700" - die Modelmama zeigt sich spendabel und drückt den beiden Siegerinnen Dollarbündel in die Hand. Shopping mit Heidi Klum, Donnerstagabend zur Primetime auf Pro Sieben.

"You äve to roll in thö mud"

Rein in die Läden des Rodeo Drive und anprobieren: Heidi verteilt Tipps und holt sich welche - alles wie unter echten Freundinnen. Die schwarzhaarige Alisar mit dem dunklen Teint und den warmen braunen Augen bekommt bunte Farben verpasst. Vorher habe sie viele dunkle Töne getragen: "Jetzt bin ich viel schlauer."

Danach gibt's Pizza in die Hand und noch einmal Flanieren auf der Straße in High-Heels, knapper Klamotte, Sonnenbrille - legerer Shoppingkleidung eben.

Da, Fotografen! Die beiden Nachwuchstalente stolzieren brav neben Heidi, ihrer Übermutter, die die Mädels für einen Augenblick an ihrem Ruhm schnuppern lässt. Aber dann - Küsschen, Küsschen - trennen sich ihre Wege. Alisar und Leyla fahren zurück zu den anderen fünf Casting-Stars in die Model-WG.

War sie eben noch kumpelhaft, ist Heidi während des nächsten Fotoshootings wieder ganz Profimodel mit Juryrolle. Rotbraune Erdhügel, ein rollendes Gebüsch und Panflötentriller - Wüste in Kalifornien. Der Fotograf Gilles Bensimon mit dem modischen französischem Akzent, der schon große Stars wie Claudia Schiffer oder Cindy Crawford vor der Linse hatte, erklärt die nächste Herausforderung, oder nein, bleiben wir doch bei "Tschällendsch": "You äve to roll in thö mud and be creative with it." Die Nachwuchsmodels, in Bustier und enge Pants gekleidet, aalen sich eine nach der anderen in einem Matschbecken.

Was sind das eigentlich für Aufgaben, die die Mädels da absolvieren? Mal sollen sie sich mit dem Gesicht auf die Straße fallen lassen, mal mit Schlangen und Spinnen posieren, sich in Algen legen oder eben, wie jetzt, mit einer Schlammschicht bedecken.

Ein bisschen wie die überdrehte MTV-Mutprobenshow Jackass. Nur für Mädchen eben. Alles nicht wirklich bedenklich, nicht wirklich gefährlich. Es soll sie aus der Reserve locken - und das Publikum unterhalten. Es soll ein bisschen Extremfeeling in eine Show bringen, die gegen Langeweile und Routine kämpft.

Auf der nächsten Seite: Sein und Schein im Klum'schen Modelkosmos.

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Unter der zentimeterdicken Matschschicht ist jedenfalls nicht mehr viel vom Make-up und dem Haarstyling übriggeblieben. "Es kommt auf den Ausdruck in den Augen an", erklärt Heidi, selbst mit schwarzer Strickjacke, schwarzer Mütze und Sonnenbrille zu sehen. Die Mädchen räkeln sich in Model-Manier vor der Kamera und stehen danach unbeholfen und bibbernd in der Wüste. Scheint kalt zu sein.

Der Tag der Entscheidung in Episode 13 naht, unter den Laufstegprinzessinnen macht sich Aufregung in Form von rötlichen Flecken auf ihren jungen Häuten breit. Diese Woche müssen sogar zwei die Show verlassen, fünf bleiben übrig. Die nun auch mal bunt gekleidete Alisar "will es nicht verkacken". Neele meint, dass es jede von ihnen treffen könnte. Pauline, die bei Thomas Gottschalk in einer Wetten, dass..?-Sendung von Heidi Klum für die Castingshow auserwählt worden war, denkt, dass sie "fliegt".

"Wer bist Du überhaupt?"

Noch einmal über den Laufsteg auf die Jury zu. Diesmal lautet die Aufgabe: Sie sollen sich selbst darstellen, so wie sie sich sehen. "Sexy, elegant, verspielt, aber so, dass wir das auch merken", fordert Heidi. Die Mädchen stürmen in die Umkleide, wählen die Outfits und jede für sich stakst auf den Tisch zu, an dem Heidi, Fotograf Gilles Bensimon sowie die Mitjuroren "Q" und Kristian Schuller mit bierernsten Gesichtern sitzen.

Heidi ist nicht begeistert: "Wer bist Du heute? Und wer bist Du überhaupt?", fragt sie. Ständige Selbstreflexion von Eitelkeiten ist bei den Nachwuchsmodels an der Tagesordnung. Die so erfahrene Heidi spricht über die Entwicklung der Mädchen, die sie "hingelegt" hätten und ob sie denn ausreiche. "Ich kann immer noch die alte Hanna sein und die will keiner haben und die brauch ich auch nicht", erklärt die 18-jährige Schönheit mit den roten Haaren. Was werfen die Mädchen da eigentlich weg und wer ist Heidi Klum, dass sie das Maß der Dinge für Mädels darstellt?

Seit Wochen wohnen die Nachwuchsmodels schon zusammen, haben gegeneinander gekämpft und sich miteinander gut gestellt. Nun sollen sie doch mal sagen, wen sie denn rausschmeißen würden. Sie versuchen es solidarisch: Wen sie vor der Jury und dem Millionenpublikum nennen, wollen sie sich untereinander nicht verraten. Geholfen hat es alles nichts.

Für Shopping-Queen Leyla und das Wetten, dass..?-Mädchen Pauline hat Heidi kein Foto. Da haben die beiden vermutlich Glück gehabt. Ihrer "Entwicklung" steht jetzt nichts mehr im Weg.

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