München (dpa) - Fritz Wepper sah sich als vom Glück gesegnet. „Ich bin ein Sonntagskind“, stellte er vor einigen Jahren fest. Wer dem Schauspieler begegnete, konnte in der Tat einen fröhlichen Menschen erleben, der charmant und unterhaltsam erzählen und plaudern konnte.
So manchen Schicksalsschlägen zum Trotz bewahrte sich der Münchner seinen Optimismus, auch weil er immer seinen jüngeren Bruder Elmar an seiner Seite wusste. Ihre Kindheit hatte sie zusammengeschweißt und in ihnen die gleiche Leidenschaft geweckt - zur Schauspielerei. Nun sind beide tot. Rund fünf Monate nach Elmar ist auch Fritz Wepper gestorben, im Alter von 82 Jahren, wie sein Anwalt und guter Freund Norman Synek mitteilte.
Zwischen Trümmern und Kasperletheater
Weppers Kindheit war entbehrungsreich. Sein Vater wurde 1944 während des Zweiten Weltkrieges in Russland als vermisst gemeldet. Die Mutter zog Fritz und den fast drei Jahre jüngeren Bruder Elmar allein groß. Traurig ging es aber nicht zu. Seine Mutter sei sehr kultiviert gewesen und habe ihnen das Lachen beigebracht. „Von meiner Mutter und meiner Großmutter habe ich gelernt, Dinge nicht so ernst zu nehmen“, sagte Wepper einmal. Eines ihrer Vergnügen: Mit dem Kasperletheater spielen. Gerne erzählte er auch von Abenteuern mit anderen Kindern im zerbombten München der Nachkriegszeit, wo sie über Trümmergrundstücke kletterten und alles erforschten.
Zu Weppers liebsten Helden auf der Leinwand zählte ein Duo, das mit Selbstironie und viel Humor auftrat: Walter Matthau und Jack Lemmon, bekannt aus Komödien wie „Der Glückspilz“ oder „Ein seltsames Paar“. Auch der Münchner Komiker Karl Valentin hatte es ihm schon früh angetan und seine Begeisterung für Film und Theater geweckt, ebenso wie die vergnüglich-philosophische Filmreihe „Don Camillo und Peppone“.
Umso glücklicher war Wepper, als er 1952 selbst auf der Bühne stehen durfte, im Kinderstück „Peter Pan“ des Münchner Staatstheaters. Sieben Jahre später dann der Durchbruch, auch international, mit Bernhard Wickis Antikriegsfilm „Die Brücke“. Weitere Angebote folgten, etwa für den Film „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“.
Bruderliebe und Jet-Set-Leben
Die Schauspielerei - eine Leidenschaft, die Wepper mit seinem Bruder Elmar teilte, der etwa in Doris Dörries hochgelobtem Kinofilm „Kirschblüten - Hanami“ mitspielte. Auch das Angeln begeisterte sie, insbesondere das Fliegenfischen. „Daraus ist ein wunderbares Ritual gewachsen“, sagte Elmar Wepper mal der „Bild am Sonntag“. „Wenn wir uns länger aus beruflichen Gründen aus den Augen verlieren, sagen wir: Lass uns ans Wasser gehen.“ Danach den frischen Fang eine Viertelstunde räuchern, dazu einen sehr guten Wein, und dann erschöpfe sich das Gespräch in „mmh, aah und Prost“, sagte Wepper. Doch etwas hatte der Ältere ihm voraus: „Seine Spontaneität würde ich mir manchmal wünschen“, hatte Elmar mal über seinen großen Bruder gesagt.
Fritz Wepper war umschwärmt und wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bayerischen Fernsehpreis. Und er genoss das Jet-Set-Leben. „Fritzi hat Besitzerstolz, ist Sammler, Jäger und Fischer mit Leidenschaft. Auf Genuss zu verzichten, ist nicht Teil seiner DNA“, charakterisierte der Schauspieler Bernd Herzsprung seinen guten Freund. Illuster auch die Reihe der Menschen, die Wepper kannte. Mit Iris Berben drehte er 1968 den Krimi „Der Mann mit dem Glasauge“. Er feierte mit Leopold Prinz von Bayern, tanzte mit Schwedens Königin Silvia und verstand sich mit der US-Schauspielerin Liza Minnelli, die er beim Dreh des Musicals „Cabaret“ kennenlernte. Minnelli hatte einige Wochen zuvor ihrem guten Freund Genesungswünsche überbracht, als es schon schlecht um ihn stand: „Bitte betet für Fritz, dass er den Frieden und die Liebe bekommt, die er immer in so viele Leben gebracht hat, auch in meines. Fritz, ich liebe Dich, jetzt und immer, Liza“.
Ansonsten schirmte Fritz Wepper sein Privatleben lieber ab. 1979 heiratete er seine Freundin Angela, die zwei Töchter in die Ehe brachte. 1981 wurde Sophie geboren, inzwischen selbst Mutter. 2009 dann ein Skandal: Weppers Beziehung zur mehr als 30 Jahre jüngeren Susanne Kellermann wurde publik. Die beiden bekamen eine Tochter, trennten sich dann bald nach der Geburt und Wepper kehrte zu seiner Gattin zurück. Nach dem Tod Angela Weppers 2019 lebte die alte Liebe zu Kellermann wieder auf, 2021 gab es sogar eine heimliche Hochzeit.
Krimi-Assistent und Intrigant
Ein Schauspieler also, der die Beständigkeit liebte, privat und beruflich. Ab 1968 hatte er im ZDF an der Seite von Erik Ode in „Der Kommissar“ als TV-Polizist begonnen. 1974 überließ er die Rolle seinem Bruder Elmar. Er selbst wurde an der Seite von Horst Tappert Assistent von „Derrick“, eine Serie, die weltweit berühmt wurde. Ein Satz aus der 1998 eingestellten ZDF-Serie blieb untrennbar mit Wepper verbunden: „Harry, hol schon mal den Wagen“, auch wenn der nie so gefallen war. Das Original hieß: „Harry, wir brauchen den Wagen - sofort.“
2002 startete in der ARD dann die Serie „Um Himmels Willen“, die einen besonderen Platz in Weppers Herzen einnehmen sollte. Als Bürgermeister Wolfgang Wöller machte er darin den Schwestern des fiktiven Klosters Kaltenthal das Leben schwer. Nach Herzenslust konnte er seine komödiantische Seite ausleben, intrigieren und Späße treiben. Das Serienende 2021 enttäuschte ihn deshalb sehr. „Das war ein Schlag ins Kontor“, erklärte Wepper damals der Deutschen Presse-Agentur. Gerne hätte er weitergemacht, auch weil er das Filmteam so ins Herz geschlossen hatte. Am Schluss wurde es traurig. „Da flossen Tränen, auch bei mir.“
Beerdigung im Kimono
Doch Wepper war ein Kämpfer - auch in gesundheitlicher Hinsicht. Er wurde am Herzen operiert und wehrte sich mit aller Macht gegen den Krebs. Immer wieder musste er sich im Krankenhaus behandeln lassen. Was er über sein eigenes Sterben dachte, verriet er 2021 in seiner Autobiografie „Ein ewiger Augenblick“. „Dass ich irgendwann sterben werde, habe ich akzeptiert. Aber das Wie bereitet mir Sorgen. Niemand wünscht sich ein qualvolles Ende.“
Für sein Ende hatte Wepper noch selbst Vorsorge getroffen, mit einem Testament und mit Wünschen für den Tag seiner Beisetzung im Familiengrab in München. „Beerdigt werden möchte ich in meinem schwarzen Kimono, den ich zum Meditieren trage“, schrieb er in seinem Buch. Dazu wolle er ein buddhistisches Armband mit hölzernen Perlen tragen, „beides Symbole des Loslassens“.
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