Er verkörperte ein paar große Personen der Weltgeschichte, den alten Jakob Fugger zum Beispiel, in dem TV-Mehrteiler "Vom Webstuhl zur Weltmacht", oder Émile Zola, in einem Film über die Dreyfus-Affäre, "...trotzdem!" von Karl Fruchtmann. Dennoch war er im Grunde eher ein Mann fürs Unspektakuläre, für eine Bürgerlichkeit, die manchmal beklemmend, manchmal trist, manchmal impulsiv wirkte. Mit einer Beweglichkeit und Eleganz, die vor allem auf dem Theater in unzähligen Rollen, klassischen wie modernen, immer neuen Ausdruck finden konnte.
Geboren wurde Ernst Jacobi am 11. Juli 1933, schon als Jugendlicher übernahm er Sprechrollen beim RIAS, in den Fünfzigern nahm er Schauspielunterricht. Er spielte an allen großen deutschsprachigen Bühnen, am Schillertheater in Berlin, an den Münchner Kammerspielen, am Wiener Burgtheater, am Zürcher Schauspielhaus.
Die intensivste Kinorolle hatte Ernst Jacobi in "Deutschland bleiche Mutter"
Beim Fernsehen war er sehr früh dabei, als man Anfang der Fünfziger in Deutschland noch am Probieren und Experimentieren war, was man mit dem neuen Medium eigentlich anstellen konnte. Eine seiner wichtigsten Rollen war Alexander März in Heinar Kippphardts "Leben des schizophrenen Dichters Alexander März", über das Dichten als therapeutische Tätigkeit. Er bekam von der Akademie der Künste den Berliner Kunstpreis dafür.
Im Kino spielte Jacobi in "Am Tag, als der Regen kam", 1959, von Gerd Oswald, in Helmut Käutners Schiebergeschichte "Schwarzer Kies", 1961, den Gauleiter in Volker Schlöndorffs Grass-Verfilmung "Die Blechtrommel". Noch ein Stückchen weiter in der Nazi-Hierarchie schaffte er es dann in Jan Troells Film "Hamsun", da spielte Jacobi den Hitler, neben Max von Sydow als Hamsun - ein Führer, der sich den Künstlern nahe fühlt und ebendies im Gespräch mit dem norwegischen Autor zeigen will.
Die intensivste Kinorolle hatte Ernst Jacobi in "Deutschland bleiche Mutter", 1980, von Helma Sanders-Brahms. Er ist Hans, der Geliebte und dann Mann von Lene, die Eva Mattes spielt. Hans muss 1939 in den Krieg, und als er Jahre später zurückkehrt, muss er erkennen, dass nicht nur die Städte in Trümmern liegen, sondern auch das System der gesellschaftlichen Rollen. Es ist vorbei mit dem fröhlich hüpfenden Hänschen, zu den Klängen eines Kinderliedes
Wirklich bekannt dürfte den meisten seine ruhige Stimme sein, er hat unzählige Hörspiele und Hörbücher gesprochen. Er ist der Erzähler in Michael Hanekes "Das weiße Band", der Lehrer, der sich erinnert an die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, an das harte Regiment der Eltern über ihre Kindern - und wie diese ebenso grausam dagegen aufbegehren. Am Donnerstag ist Ernst Jacobi, wie sein Management mitteilte, im Alter von 88 Jahren in Wien gestorben.