"Diese Kaminskis" auf ZDF neo:Tiefer legen geht immer

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Bernd Kaminski (Steffen Will) ist Bestatter aus Leidenschaft, hat aber eine Leichenphobie. (Foto: Marcel Haupt)

Spartenkanal ZDF neo wird fünf und feiert mit einer neuen Serie. "Diese Kaminskis" spielt in einem Bestattungsunternehmen und liefert nebenbei ein bisschen Medienkritik. Erinnert das nicht an etwas?

Von Karoline Meta Beisel

Der eine macht ein Selfie mit der Leiche, dem anderen wird schon beim Anblick eines Toten übel: Die Halbbrüder Kaminski sind die pietätlosesten Bestatter, die man sich vorstellen kann. Das Motto der planlosen Neu-Unternehmer: "Zeig mir mal jemanden, der nicht stirbt!" Die Serie Diese Kaminskis - Wir legen Sie tiefer erinnert ein bisschen an die schwarzhumorigen Bestatter aus der HBO-Drama-Serie Six Feet Under. Die Kaminskis, die am 5. November auf ZDF neo starten, sind aber nicht nur Klamauk, sondern auch Medienkritik.

Mit wackeliger Handkamera, sonorer Off-Stimme und Protagonisten mit angesteckten Puschel-Mikrofonen parodiert die Serie die Doku-Soaps der Privatsender. Bei einer Publikumsabstimmung hat die Pilotfolge der Kaminskis im vergangenen Jahr gut abgeschnitten, außerdem gab es eine Nominierung für den Grimme-Preis. Darum bekommt das Format jetzt mit sechs Folgen eine richtige Chance.

Ausprobieren, Neues testen, das ist das Kerngeschäft von ZDF neo. Jenem Sender also, der angetreten ist, jüngere Leute für sein Programm zu gewinnen und damit das ZDF-Publikum vor dem Aussterben zu retten. Dieser Tage feiert der Spartenkanal seinen fünften Geburtstag, verbunden mit dem zu diesen Anlässen üblichen nach hinten und nach vorne Schauen. Zusammenfassend lässt sich sagen: Die ersten Jahre gehörten in Sachen Eigenproduktionen dem, was man im Fachjargon "Factual Entertainment" nennt, also der Kunst, Informatives unterhaltsam zu präsentieren. Die Zukunft soll, Fachbegriff Nummer zwei, den "Social Factuals" gehören. Anspruchsvollen Dokumentar-Formaten also, die zur Diskussion einladen. Und noch etwas soll die Senderzukunft prägen: die Fiktion. So soll im Herbst 2015 eine aufwendig produzierte Drama-Serie starten. Über das Sujet schweigt sich Senderchefin Simone Emmelius noch aus. Nur so viel: Das Format spielt in einem speziellen sozialen Milieu.

Online-Abrufe zählen nicht bei der Quote mit

Bislang war ZDF neo vor allem dafür bekannt, die guten, amerikanischen Serien ins deutsche Fernsehen zu bringen, demnächst starten dort zum Beispiel die jüngsten Staffeln von Mad Men oder Masters of Sex. Dabei bescherte ausgerechnet eine dieser Erfolgsserien, 30 Rock, dem Sender am allerersten Sendeabend die schlechtestmögliche Quote: 0,0 Millionen Zuschauer, 0,0 Prozent Marktanteil.

Heute liegt der Schnitt in der Zielgruppe bei 0,9 Prozent. Die Zahlen sind aber nur bedingt aussagekräftig, weil es immer noch keinen anerkannten Weg gibt, die Online-Abrufe in die Offline-Quote mit einzurechnen. Beim hochgelobten Neo Magazin mit Vorzeige-Moderator Jan Böhmermann finden immerhin 20 Prozent der Zuschauer über die Mediathek zum Programm - zehnmal so viele wie beim sonstigen deutschen Fernsehangebot. Von Februar an soll das Neo Magazin die jungen Zuschauer freitagabends auch ins Hauptprogramm holen - in der Zweitverwertung, wohlgemerkt. Neue Folgen werden weiterhin zuerst bei ZDF neo beziehungsweise online gezeigt. Der Spartensender verändert mit seinen Formaten und Ideen das Hauptprogramm: "Wir sind ja nicht auf einer einsamen Insel, unser Know-how ist auch beim ZDF gefragt", sagt Simone Emmelius.

"Neo Magazin" im ZDF
:Böhmermann im Hauptprogramm

Fernsehmoderator Jan Böhmermann ist mit seinem "Neo Magazin" ab Februar 2015 auch im ZDF zu sehen. Wöchentlich am Freitagabend, heißt es. Die genaue Uhrzeit allerdings behält der Sender noch für sich.

Andersrum strahlt das große ZDF auch auf den Schwestersender ab beziehungsweise sowieso schon Vorhandenes dort aus. Das neo-Programmbudget von 30 Millionen Euro im Jahr reicht eben nicht, um 365 Sendetage mit eigenem Stoff zu füllen. Darum laufen tagsüber Wiederholungen von Lanz kocht oder den Rettungsfliegern.

An diesen Nachmittagen wird noch etwas anderes deutlich: ZDF neo ist kein Jugendkanal. Der Sender richtet sich an die vielleicht noch nicht ganz verlorene Fernsehgeneration der 25- bis 49-Jährigen. Und bedient damit ein deutlich älteres Publikum, als der kürzlich auf ein Online-Angebot zurückgestutzte Jugendkanal hätte erreichen sollen. Deshalb betreffe diese Entscheidung ihren Sender auch nicht, sagt Simone Emmelius: "An unserem Auftrag ändert sich nichts." Für einen anderen ZDF-Spartensender, ZDF Kultur, ändert sich hingegen alles: Er wird eingestellt. So sollen Mittel für das neue Jugendangebot im Netz frei werden. Das wiederum lässt sich für ZDF neo als gute Nachricht lesen. Der Fortbestand des Senders dürfte mindestens für die kommenden fünf Jahre gesichert sein.

Diese Kaminskis - Wir legen Sie tiefer! Von 5. 11. an jeden Mittwoch um 21.45 Uhr auf ZDF neo. Auf der Internetseite diesekaminskis.zdf. de sind vom selben Tag an alle Folgen auf einmal abrufbar.

© SZ vom 04.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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