Deniz Yücel:"Manchmal brüllen wir von Hof zu Hof"

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Bei einer Solidaritätskundgebung für den inhaftierten Journalisten Deniz Yücel am Brandenburger halten Demonstranten sein Porträt in die Höhe. (Foto: Regina Schmeken)
  • Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel sitzt seit 100 Tagen in der Türkei in Haft.
  • In der Zeitung Die Welt, für die er als Korrespondent tätig war, ist am heutigen Mittwoch ein Artikel von ihm über seine Haftbedingungen erschienen.
  • Ihm wird unter anderem Volksverhetzung sowie Terrorpropaganda vorgeworfen.

Mit dem heutigen Mittwoch verbringt Deniz Yücel den 100. Tag in Haft in einem türkischen Gefängnis. Aus diesem Anlass hat der deutsch-türkische Journalist und Türkei-Korrespondent der Zeitung Die Welt in seiner Zeitung von seinen Haftbedingungen berichtet: "Nicht nur mir geht es so, in fast allen politischen Verfahren gilt das Prinzip: erst Knast, dann Prozess." Auf eine Anklageschrift wartet Yücel jedoch noch. Jeder Kritiker werde in der Türkei zuerst in Untersuchungshaft gesteckt, dann die Anklageschrift hinausgezögert, schreibt er. "Ich muss also davon ausgehen, dass aus dem Urlaub... in diesem Sommer nichts wird."

Den Text hatte der 43-Jährige seinen Anwälten im Gefängnis diktiert. Besuch erhält er einmal wöchentlich von seiner Ehefrau Dilek Mayatürk Yücel, die er nach Antritt seiner Haft geheiratet hat. Auch sie berichtet in einem separaten Beitrag über die Situation ihres Mannes.

Deniz Yücel hat einen deutschen und türkischen Pass. Am 14. Februar nahm ihn die Polizei in Istanbul in Gewahrsam, knapp 14 Tage später erließ ein Gericht Haftbefehl. Seitdem sitzt Yücel in Untersuchungshaft. Ihm wird unter anderem Volksverhetzung sowie Terrorpropaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK vorgeworfen.

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Zum ersten Mal auf dem Gefängnissportplatz

Inzwischen erhalte er Briefe, schreibt Yücel - "gerade so viele, dass ich nicht länger sagen kann, es herrsche eine totale wie rechtswidrige Briefsperre." Außerdem habe er zum ersten Mal den Gefängnissportplatz besuchen können. In seiner 16 Quadratmeter großen Zelle sei er, anders als andere im Gefängnis Silivri inhaftierte Journalisten, in Einzelhaft untergebracht. Von den 100 Tagen im Gefängnis hat Yücel nach Angaben seiner Ehefrau 87 in Einzelhaft verbracht. "Manchmal brüllen wir von Hof zu Hof", schreibt Yücel in seinem Artikel, oder er spreche unter seiner Zellentür hindurch mit Nachbarn. Anders könne er nicht mit seinen Mitgefangenen kommunizieren.

Der Fall Yücel erfährt viel Solidarität: Mit Lesungen im Frankfurter Schauspiel und in München haben Autoren und Angehörige am Sonntag und Dienstag die Freilassung des Journalisten verlangt. Die Initiative #FreeDeniz hat Autokorsi und Demonstrationen für ihn organisiert. "Deniz Yücel hat nichts als seine journalistische Arbeit getan. Jeder einzelne Tag, den er im Gefängnis verbringen muss, ist eine Schande für die türkische Justiz", sagt der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr. Die Journalistin Doris Akrap hat in der Tageszeitung einen offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel veröffentlicht, in dem sie einen stärkeren Einsatz der deutschen Regierung für Yücels Freilassung fordert.

Der deutsche Botschafter in der Türkei, Martin Erdmann, soll Yücel im Laufe des kommenden Monats besuchen dürfen. Die türkische Seite habe einem solchen Besuch zugestimmt, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Ein genaues Datum stehe allerdings noch nicht fest.

Präsident Erdoğan hat Deniz Yücel als eine Art Terrorist bezeichnet, der gleichzeitig für einen fremden (in diesem Fall den deutschen) Staat spioniert. So nannte Erdoğan bereits den Kollegen Can Dündar, den nach Deutschland geflüchteten Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet. Nach aktuellen Zahlen der Reporter ohne Grenzen sitzen in der Türkei derzeit rund 150 Journalisten im Gefängnis, etwa 150 Medien wurden geschlossen und Hunderte Presseausweise annulliert.

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