BR-Intendantenwahl:Der Tag der Umschläge

BR-Intendantenwahl: Lorenz Wolf: "Solange der Vorsitz im Rundfunkrat ruht und die Vorwürfe und Verdachtsäußerungen nicht lückenlos geklärt sind, kommt eine Annahme eines neuen Amtes nicht infrage."

Lorenz Wolf: "Solange der Vorsitz im Rundfunkrat ruht und die Vorwürfe und Verdachtsäußerungen nicht lückenlos geklärt sind, kommt eine Annahme eines neuen Amtes nicht infrage."

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Wie findet der trimediale BR einen neuen Intendanten als Nachfolger für den scheidenden Ulrich Wilhelm? Ganz "oldschool" mit Papier.

Von Claudia Tieschky

Der Ende Januar scheidende BR-Intendant Ulrich Wilhelm mag den Sender noch so sehr aufs Digitale trimmen - die Suche nach seiner Nachfolge ist derzeit eine grundpapierne Angelegenheit. Wahltermin ist voraussichtlich am 22. Oktober, aber nun werden an diesem Mittwoch zunächst Briefumschläge geöffnet, erläutert Monika Panitz. Die 54-jährige Juristin leitet seit 2014 die Geschäftsstelle von Rundfunk- und Verwaltungsrat des Senders und ist daher Expertin fürs Prozedere, das nun beginnt. Im Rundfunkrat sind politische, weltanschauliche und gesellschaftlich relevanten Gruppen vertreten, die den Sender allgemein kontrollieren - und die im speziellen den Menschen an der Senderspitze wählen, wobei diesmal die Erwartung hoch ist, dass dieser Mensch eine Frau ist. Der Rundfunkrat hat 50 Mitglieder, wer 26 Stimmen bekommt, ist gewählt. Aber wer steht überhaupt zur Wahl?

Da kommen die Umschläge ins Spiel. Die Rundfunkräte konnten zwischen 20. Juli und diesem Dienstag Vorschläge einreichen, wie Panitz erklärt. Damit alle Briefinhalte erst nach Ablauf der Frist bekannt werden, hat man in der Geschäftsstelle seit Ende Juli darauf geachtet, keine Post zu öffnen, die möglicherweise einen Vorschlag enthalten könnte. Diesen Mittwoch aber wird sich ein kleines Öffnungsgremium versammeln und - öffnen. Drei Personen in einem corona-abstandstauglichen Raum des Münchner Funkhauses.

Die Mitglieder ließen sich Zeit, erläuterte Panitz am Telefon

Prälat Lorenz Wolf wird natürlich dabei sein, der Vorsitzende des Rundfunkrats, der die Mitglieder schriftlich aufgefordert hatte, binnen acht Wochen ihre Vorschläge einzureichen. Er gab - in Abstimmung mit dem Ältestenrat des Rundfunkrats - ein Profil für den Job mit. Der Ältestenrat ist ein kleineres Gremium aus Mitgliedern in besonderen Funktionen. Orientieren sollten sich die Rätinnen und Räte an Kriterien wie zum Beispiel Führungserfahrung, Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fähigkeit zu strategischem und konzeptionellem Denken. Interessen des BR sollte der mögliche Kandidat diplomatisch innerhalb der ARD vertreten können.

Beim Telefonat mit der SZ am Dienstag sagte Panitz, es seien bisher noch nicht so viele Briefe eingegangen. Sie glaube, dass im Lauf des letzten Tages noch Vorschläge kommen würden. Die Mitglieder des Rundfunkrats ließen sich bei einer so wichtigen Angelegenheit eben vermutlich Zeit. Wenn die Umschläge geöffnet sind, werde Rundfunkratschef Wolf die betreffenden Personen kontaktieren und fragen, ob sie sich zur Wahl stellen wollen. Erst, wenn klar ist, wer antritt, werde die Namensliste veröffentlicht. Jeder auf der Liste sei dann am Wahltag aufgefordert, sich dem Rundfunkrat vorzustellen. Wie viele Personen das sein werden, oder gar wie viele Frauen darunter sind, hängt vom Inhalt der Umschläge ab. Panitz sagt, dass es nicht ihre erste Intendantenwahl ist, aber sicher die spannendste.

Der BR hatte zuletzt tatsächlich vergleichsweise ruhige Wahlen, nur ein Gegenkandidat stellte sich Ulrich Wilhelm jemals in den Weg, das war 2010 der BR-Landtagskorrespondent Rudolf Erhard. Er bekam drei Stimmen.

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