Laschet bei Maischberger:Rechts? Rechtsradikal? Rechtsextremistisch?

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CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet im Studio bei Sandra Maischberger (Foto: ben knabe; WDR/Ben Knabe)

Das Studio bei Maischberger mutiert zum Linguistik-Seminar. Und ein patziger Kanzlerkandidat Laschet wickelt sich in Argumente, bei denen die Moderatorin nur noch schnauft.

TV-Kritik von Marlene Knobloch

In Deutschland zeigt man gern "klare Kante". Die Sylter Projektgruppe "Klare Kante Sylt" will für eine saubere Insel sorgen, in Leverkusen wehrt man sich mit "klarer Kante gegen Monheim", weil der Nachbarort ein neues Industrie- und Gewerbegebiet ausweisen will. Und der potenzielle künftige Kanzlerkandidat Armin Laschet zückte in einem Tweet vor vier Tagen die "klare Kante" im "Kampf gegen rechts." Laschets Kante aber scheint so klar wie die Seegrenze im Nordpolarmeer. Keiner weiß wirklich, wo sie liegt, sie verändert sich je nach Strömung und es treibt viel Müll an ihr vorbei.

Es ist das Thema, das Sandra Maischberger an diesem Abend für den Kanzlerkandidaten wählt: die Rechts-Außen-Grenze mit der AfD in Sachsen-Anhalt und die jüngste Debatte um die Werte-Union. Denn inmitten der sorgfältigen Spielfeldmarkierung zwischen CDU und AfD vor den Landtagswahlen am Sonntag, schwimmen die Werte-Union und deren neuer Vorsitzender Max Otte als "AfD-U-Boot" ins Bild, wie sie Uwe Schummer, der Chef der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, im Spiegel nannte.

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Die grüne Kanzlerkandidatin war doch nicht Mitglied im UN-Flüchtlingshilfswerk, wie es auf ihrer Homepage stand: Sie habe nur regelmäßig an das UNHCR gespendet.

Ottes Vize Klaus Dageförde soll früher in der rechtsextremen Szene aktiv gewesen. Einige Parteimitglieder äußerten daher den Wunsch eines Unvereinbarkeitsbeschlusses mit der Werte-Union - wer in der Werte-Union ist, dürfe demnach nicht länger Mitglied der CDU sein.

"Da sind ein paar Leute drin"

Laschet setzt sehr früh den leicht verstimmten Ton für das restliche Interview. Als Maischberger den SPD-Generalsekretär Lars Klingenbeil zitiert, Laschet sei zu schwach, um gegen die Rechts-Verschiebung in der CDU vorzugehen, entgegnet er mit einem trotzigen "Nein". Und um mit dem Zeigefinger mal so richtig auf den Tisch zu tupfen, fügt er hinzu: "Und wenn ein CDU-Mitglied da der AfD die Hand reichen würde, wäre das ein Grund, es aus der CDU zu entfernen."

Die Debatte um die Werte-Union wiegelt Laschet als versöhnlich-strenger "Na, na, na ich sag's euch"-Pausenaufseher ab und beruft sich auf die Freiheit des Unsinns, der ja "kein Parteiausschlussgrund" sei. Genauso wenig wie die Aussage Ottes, der einst verkündete, unter Merkel lebe man in Deutschland in einer Diktatur.

Überhaupt - was ist eigentlich diese Werte-Union? "Ich kenne in Nordrhein-Westfalen kein einziges persönliches Mitglied", sagt Laschet und beziffert diese "Truppe": "Da sind ein paar Leute drin." Als Maischberger mit "4000 CDU-Mitgliedern" dagegen hält, holt der CDU-Parteivorsitzende zur Zweiteilung der Glaubensgemeinschaft aus: "Sie glauben der Werte-Union, das ist der Unterschied zwischen uns beiden."

Nachdem "das Phänomen" Werte-Union also im politischen Spektrum zwischen konservativ und egal schwebt, hakt Maischberger bei Laschets Definition von dessen "Kampf gegen rechts" nach:

"Es gibt keinen Unterschied zwischen rechts und rechtsradikal?"

"Doch. Es gibt rechtsradikal, rechtsextremistisch, rechtsfundamentalistisch..."

"Und rechts in diesem Sinne heißt rechtsradikal?"

"Rechts heißt alles, was ein Gedankengut ist, was mit dem christdemokratischen Menschenbild nicht vereinbar ist."

Dann zückt Laschet in diesem Linguistikdiskurs zwischen den Begriffen "konservativ" und "rechts" die knallharte Empirie: "Ich kenne keinen, der sagen würde: Ich bin ein Rechter." Er beendet die semantische Fieselei mit einem tadelnden Blick quer über den Pausenhof: "Es wäre übrigens auch gut, wenn bei den Linken die Abgrenzung zu linksextrem genauso klar wäre wie bei uns die Abgrenzung zu rechts."

"Nee, tut mir Leid. Ernsthaft nicht"

Bis dahin pariert Maischberger die Antworten noch ohne größeres Stirnrunzeln. Aber als Laschet patzig sagt, es sei doch nicht sein Problem oder gar das Problem der CDU, wenn die AfD den ersten Platz bei den Landtagswahlen belege, atmet die Moderatorin mit einem "Uff" tief aus. Da erklärt Laschet, dass man die Gefahr verkenne, die hinter "dieser Truppe", der AfD, stehe (nicht zu verwechseln mit der "Truppe" der Werte-Union). Überhaupt müsse sich ganz Deutschland freuen, wenn die CDU auf Platz eins der Landtagswahlen sei, denn das Hauptziel aller sei es doch, "die AfD zu verhindern".

Als Maischberger schließlich das Thema wechselt und die überdurchschnittliche Höhe von Nebeneinkünften bei der CDU anspricht, zeigt sich der Kanzlerkandidat offen: "Ich finde, jeder kann vom ersten Cent an sagen, was das für Nebeneinkünfte sind." Und Laschet lässt sich nicht den Roberto-Saviano-Moment entgehen, als die Moderatorin über die Maskenaffäre spricht, um sich als Richter und Vollstrecker der sich bereichernden ehemaligen Parteikollegen zu feiern, deren schmutzige Geschäfte dank seiner Mitwirkung aufgeklärt seien.

Als am Ende schließlich das Gendern aufkommt, ein Thema, das Twitter minütlich polarisiert mit dem begeisternden Anheizer Friedrich Merz und zu dem die Runde bei Maischberger aus "Focus"-Kolumnist Jan Fleischhauer, dem TV-Produzenten Hubertus Meyer-Burckhard und der taz-Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann noch fast eine halbe Stunde diskutieren, antwortet Laschet: "Wir haben andere Probleme." Und damit dürfte er sogar recht haben.

Marlene Knobloch ist streamende Autorin, träumt aber von Fernsehern in Küche und Schlafzimmer. Jeden Sonntag könnte sie dann linear zu den Kommen-Sie-gut-in-die-Woche-Wünschen der Nachtmagazin-Moderatoren mit Tausenden Zuschauern in Deutschland wegdösen. Bis dahin schaut sie beim Kartoffelschälen alte Harald-Schmidt-Folgen auf ihrem Laptop. (Foto: Illustration: Bernd Schifferdecker)
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