Reschkes Kommentar fordert "Haltung" gegenüber Fremdenfeinden
"Ich freue mich schon jetzt auf die Kommentare zu diesem Kommentar." Mit diesem Satz beendet Anja Reschke ihren Beitrag in den ARD-Tagesthemen. Tatsächlich ließ der Aufruhr im Internet nicht lange auf sich warten. Die Journalistin prangerte vor allem die Flüchtlings-Hetze im Allgemeinen und offene Online-Aufrufe zur Gewalt an. Sie fordert: "Dagegenhalten, Mund aufmachen. Haltung zeigen, öffentlich an den Pranger stellen."
Ihr Appell, den man kaum anders als flammend bezeichnen kann, verbreitete sich rasant. Stunden nach der Ausstrahlung am Mittwochabend wurde der Beitrag millionenfach im Netz aufgerufen. Reschke wird Gesprächsthema im Internet und darüber hinaus, ihr Name ein Twitter-Trend. Sie hat einen Nerv getroffen, ihre Meinung polarisiert.
Ressentiments gegen "Armutsflüchtlinge":Viel zu tun für die Anständigen
Der Appell von Fernsehjournalistin Anja Reschke gegen Fremdenhass könnte verpuffen - weil die Ressentiments etwa von der CSU verstärkt werden.
In den Reaktionen auf ihren Kommentar wird schnell klar, was Reschke gemeint hat. Manche sind unerträglich: "Wenn diese Asylbewerber (...) über deutsche Frauen und Kinder herfallen, dann (...) macht ihr euch mitschuldig am nächsten Bürgerkrieg hier in unserem Land", schreibt einer wütend bei Facebook. Der Kommentar, der die meisten zustimmenden Likes bekommt, hält ihr vor: "Ich denke nicht, dass das, wie ja immer berichtet wird, alles Nazis sind und das auch nicht immer etwas mit Rechtsextremismus zu tun hat."
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Doch die Journalistin erhält im Netz auch viel Zuspruch. "Dass so viel auch positive Rückmeldung kommt, hat mich echt gefreut, weil das war ja eigentlich das, was ich auslösen wollte", sagte sie am Donnerstag im Interview mit tagesschau24. Auch in anderen Medien wird der Mut der Moderatorin gefeiert: Reschke "spricht uns aus der Seele", heißt es etwa in einem Artikel.
Reschke erwartet aus der Politik ein "Finito!"
Reschke nimmt am Donnerstag auch die Politiker in die Pflicht. In dem Interview berichtet sie von fremdenfeindlichen Parolen während einer Demonstration im sächsischen Freital, "weg mit dem Dreck", hätten dort einige gerufen. "Da erwarte ich eigentlich schon, dass mal jemand - also Minimum Ministerium, wenn nicht eine Kanzlerin - auch mal dahinfährt und sagt 'Finito, so nicht!'."
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Reschke berichtet in ihrem Kommentar, dass der Hass neuerdings nicht mehr hinter Fantasienamen versteckt werde. "Im Gegenteil, auf Sätze wie 'Dreckspack, soll im Meer ersaufen' bekommen sie ja auch noch begeisterten Zuspruch und eine Menge Likes." Die Einschätzung, dass der Trend hin zum offenen Hass gehe, teilt Juliane Leopold hingegen nicht. Die Chefredakteurin des Online-Magazins Buzzfeed Deutschland beobachtet die Kontroverse kritisch: Es reiche nicht, auf Facebook gegen Ausländerfeindlichkeit zu sein. "Ein Shitstorm gegen Nazis im Netz wird keinen Rassisten bekehren", sagte Leopold.
Leopold ist überzeugt, dass der Hass, der sich im Netz äußert, gesellschaftlich tief verwurzelt ist. "Online-Phänomene gibt es nicht, es gibt nur die echte Welt. Das Internet macht nichts mit Menschen, was nicht schon vorher in ihnen war." Ihre Prognose ist düster: "Unser Problem ist, dass die Mitte der Gesellschaft sich nach rechts bewegt." Zugleich sei es falsch, die Netz-Kommentare als repräsentativ anzusehen, sagt die Buzzfeed-Chefin. Eine Faustregel besage: 90 Prozent der Online-Leser bleiben passiv, 9 Prozent interagieren, indem sie den "Gefällt mir"-Knopf drücken oder den Beitrag weiterleiten. Nur 1 Prozent der Leser kommentiert - und von denen vor allem jene, die sich unverstanden fühlen.