ARD-Film "Die Schatten, die dich holen":Jeder kämpft für sich allein

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Ein Krimi ganz ohne Kommissar: In dem ARD-Film "Die Schatten, die dich holen" beweist Regisseur Robert Dornhelm, dass auch das funktionieren kann. Denn bei dieser Geschichte um die Rotlicht-Vergangenheit einer Wiener Managerin kämpft jeder für sich, mit allen Mitteln, und das noch viel mehr, als es zunächst erscheint.

Claudia Tieschky

Luxus und Unheil gehören im Fernsehkrimi oft zusammen. Rund um den zuweilen diskreten Charme des Geldes werden moderne Märchen erzählt, in denen die Reichen allerdings selten die Guten sind.

Vera (Aglaia Szyszkowitz) wird mit ihrer Vergangenheit im Rotlicht-Milieu konfrontiert. (Foto: SWR/ORF/Oliver Roth)

Doch in diesem ARD-Film zerrt das Verhängnis so dermaßen böse am erfolgreichen Paar mit blondem Kind und der eleganten Wiener Dachterrassenwohnung, am Lifestyle mit Charity-Golfturnieren und prallen Partys, dass es ganz schnell nur noch um einen eiskalten, mörderischen Überlebenskampf geht. Das Geld wird verpulvert, um sich freizukaufen, manchmal auch für ein bisschen Whisky, um mit Aussicht auf die nächtliche Stadt den Schmerz zu betäuben.

Zum Glück helfen der Finanzfrau Vera ein paar Reflexe aus ihrem früheren Leben, das sie in einem anderen, ja, Milieu zubrachte. Die gefeierte Aktienmanagerin, die natürlich nur mit Ökofonds handelt, hat eine Bordellvergangenheit. Sie hat das verheimlicht - bis jemand aus ihrem alten Leben in Wien auftaucht, der sich nur scheinbar für die sauberen Geldgeschäfte interessiert.

Vera wird mit Fotos und Filmen aus früherer Berufstätigkeit erpresst, es geht um Rache. Vor Jahren hatte sie mit einer Gerichtsaussage zwei Männer ins Gefängnis gebracht, anschließend die Stadt verlassen. Das war ihr Ausstieg aus dem Gewerbe.

Nun stellen sich zwei interessante Fragen: Wie viel Wahrheit kann ein Ehemann ertragen? Und wie böse darf ein ARD-Film enden?

Eleganz im Fernsehfilm hat oft mit einer gewissen Kühle des Blicks zu tun, sie bremst die Identifikation der Zuschauer und ist daher nicht als Quotenfernsehen zu bezeichnen.

Der Regisseur Robert Dornhelm hat insofern einen eleganten Film gemacht, als er Distanz zelebriert. Er schickt seine Figuren in eine fatale Anordnung und spielt durch, wie sich Handlungsmöglichkeiten verengen, bis alle anfangen, sich gegenseitig aus dem Weg zu räumen.

Die Schatten, die dich holen (Buch: Uli Breé) ist beinah tränenfrei und sehr schnell frei von Bürgerlichkeit. Jeder kämpft für sich, mit allen Mitteln, und das noch viel mehr, als es zunächst erscheint. Polizei kommt nicht vor, und man denkt, dass ein Thriller ohne Kommissar eine feine Sache ist im deutschen TV - wo ja sonst ständig von Amts wegen ermittelt wird, ganz so, als bräuchte man die moralische Instanz des Kommissars, um böse Geschichten erzählen zu können.

Österreichische Besetzung

Aglaia Szyszkowitz ist die brünette Vera, die im Kampf um das Familienglück noch einmal die blonde Perücke aufsetzt und die kniehohen Lackstiefel anlegt. Man kennt Szyszkowitz als Jenny Berlin in Einsatz in Hamburg, oder - viel besser noch - aus den großartigen Filmen Xaver Schwarzenbergers ( Zuckeroma). Als Vera zeigt sie zarte Zerstörtheit, und das Rotlicht steht ihr gut.

Als naiver Teil des Paars agiert in der SWR/ORF-Produktion der Österreicher Bernhard Schir. Er spielt den Ehemann, zuletzt sah man ihn in bemerkenswerten Vaterrollen, im Drogenfilm Meine Tochter nicht (Sat 1) oder Vom Ende der Liebe (ARD). Dabei ist Schir eigentlich Seriendarsteller. Regisseur Dornhelm, der schon Krieg und Frieden verfilmte, führt Vater, Mutter, Kind zum Showdown.

Doch keine Bange, hier regiert die ARD.

Die Schatten, die dich holen, ARD, 20.15 Uhr

© SZ vom 01.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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