Arte-Serie "Algiers Confidential":Im Sande verweht

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Internationales Team: der deutsche Ermittler Ralf Eley (Ken Duken) und die algerische Richterin Amel Samroui (Hania Amar). (Foto: Arte)

Islamisten, Waffen, Entführung: Die Serie "Algiers Confidential" spielt mit nahöstlichen Klischees und ist doch sehr genießbar.

Von Moritz Baumstieger

Bei Filmschaffenden dürfte das Genre des im Nahen Osten spielenden Thrillers ein eher beliebtes sein: Es bietet bildstarke Szenen auf den Basaren und im Gassengewirr arabischer Altstädte, zwielichtige Charaktere sowohl bei den Einheimischen wie bei Ausländern (Geheimdienstler, Islamisten, glutäugige Schönheiten). Und man darf man es krachen lassen - die Kalaschnikows und Autobomben sitzen in den Wüsteneien vermeintlich locker. Bei der Kritik, die Produktionen immer stärker auf Orientalismus, Eurozentrismus und andere -ismen abklopft, hat das Genre hingegen einen schwereren Stand. Weil: Klischeehafte Szenen auf zu farbenfrohen Märkten und in zu dunklen Gassen, zwielichtige Charaktere, die teils sehr schlecht angeklebte Bärte tragen, etwas zuviel Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Die Mini-Serie "Algiers Confidential" rührt nun alle Grundzutaten des Genres zusammen - ein deutscher Waffenhändler namens Peter Richter (Isaak Dentler) wird nach Nordafrika entsandt und am Zielort schon mit diesem Satz empfangen: "Sie sind hier in Algerien, hier ist alles möglich. Auch das Schlimmste". Und so kommt es natürlich. Richter, der selbst frisch geduscht im Hotel schon aussieht wie ein Entführungsopfer nach langer Gefangenschaft in einem Keller, wird gekidnappt. Ralf Eley, ein so gut trainierter wie gut aussehender Verbindungsbeamter des Bundeskriminalamts (Ken Duken), versucht ihn zu finden.

Hier haben Menschen mitgewirkt, die die Region nicht nur aus dem Fernsehen kennen

Bald stellt sich Eley die Frage, ob die Dinge so einfach liegen, wie sie zunächst erscheinen - nämlich, ob Richter tatsächlich von Islamisten gekidnappt wurde oder ob nicht eine Inszenierung hinter dem Fall steckt, die einem dunklen Netzwerk bei der Durchsetzung eines ganz anderen Plans dienen soll. In der Folge treten unter anderem auf: Ein korrupter Waffenlobbyist, der in seinem Schloss rauschende Poolpartys feiert (Martin Brambach), eine aufrichtige Diplomatin, die in ihrem Kampf für das Gute sämtliche Dienstwege missachten muss (Anna Schudt), eine algerische Richterin, die mit Ermittler Eley ein heimliches Verhältnis hat und auch sonst noch einige unausgeleuchtete Flecken in der Biografie (Hania Amar).

Dass diese arg nach Stereotypen riechende Mixtur dennoch recht genießbar geworden ist, liegt zum einen am Ensemble. Die deutsch-französische Koproduktion profitiert von hervorragenden Schauspielern mit algerischem Hintergrund aus Frankreich, die deutsche Seite steuert Personal aus der Tatort-Liga selbst für Nebenrollen bei. Zum anderen zahlt sich aus, dass auch beim Drehbuch, Requisite und Maske Menschen mitgewirkt haben, die die Region nicht nur aus den Schreckensbildern der Fernsehnachrichten oder vom Blick über den Pool eines All-inclusive-Hotels her kennen. Umso seltsamer mutet es an, dass sich "Algiers Confidential" nur selten traut, seine Charaktere in der Muttersprache sprechen zu lassen und entsprechend zu untertiteln. Was jedoch zu einer für einen Nahost-Thriller einer unerwarteten Pointe führt: Am stärksten nach Klischee klingt "Algiers Confidential" dann, wenn der CIA-Verbindungsmann den Mund aufmacht - und Deutsch mit Kaugummi-Akzent erklingt.

Algiers Confidential . Vier Folgen, Arte, 17.2., und in der Mediathek

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