"Friends" in China:So not gay

"Friends" in China: Zwei Frauen, die heiraten, und auch noch von einer Frau getraut werden. "Friends" war relativ progressiv, was Homosexualiät anging.

Zwei Frauen, die heiraten, und auch noch von einer Frau getraut werden. "Friends" war relativ progressiv, was Homosexualiät anging.

(Foto: NBC)

Chinesische Streaming-Plattformen zensieren ganze Handlungsstränge der US-Serie "Friends" - nach eigenen moralischen Prinzipien.

Von Lisa Oppermann

Man weiß es schon nach den ersten, weinerlich langgezogenen Sätzen und bei jedem seiner "Hiiii"s: Der Mann hat's schwer. Seit den 90ern hat sich niemand mehr so schön wehleidig durch die Sitcom-Welt gejammert wie Ross Geller (David Schwimmer) in der Serie "Friends". Der Ursprung all seines über zehn Staffeln ausgeweiteten Leids liegt, das erfährt man direkt in der ersten Folge, in diesem Trauma begründet: Seine Exfrau Carol hat ihn verlassen. Für eine Frau.

Auf mehreren chinesischen Streaming-Plattformen ist seit vergangenem Wochenende nun eine etwas andere Version von Ross' Vorgeschichte zu sehen. In einer zensierten Version der Serie verlässt Carol den armen Ross zwar auch - dass sie aber lesbisch ist, nun glücklich mit einer Frau zusammenlebt und mit ihr Ross' Kind großziehen will, das fehlt. Die Szene etwa, in der Ross kleinlaut seinen Eltern den Grund fürs Scheitern seiner Ehe beichtet, endet in der zensierten Version abrupt - bevor irgendjemand das Wort "lesbisch" sagt.

Wenn Zensur die Kritik an der Zensur zensiert

Auch in China ist "Friends" sehr beliebt und war bis 2013 noch unzensiert auf zwei chinesischen Streaming-Plattformen zu sehen. Danach war die Serie nicht mehr offiziell verfügbar. Nun ist die erste der zehn Staffeln zwar zurück auf den großen Plattformen Chinas, aber eben mit minimalem Eingriffen ins Sexleben der Protagonisten.

Die Fans der Serie waren alles andere als begeistert. Am Wochenende trendet der Hashtag #FriendsZensiert mit mehr als 54 Millionen Aufrufen auf Weibo, dem chinesischen Äquivalent zu Twitter. Fans sind empört: "Ich boykottiere die kastrierte Version von Friends entschieden", schreibt etwa ein Nutzer. Und ein anderer kommentiert sarkastisch: "Homosexualität gibt es hier nicht, also ist alles für immer perfekt. Alle leben glücklich unter dieser Regierung." Weibo wird von staatlichen Stellen überwacht - und noch am Wochenende waren alle Beiträge unter dem Hashtag gelöscht.

Die Zensur von Homosexualität hat in China Tradition

Seit 2016 entfernt die chinesische Medienanstalt alles aus ausländischen Filmen und Serien, was sie als "vulgäre, unmoralische und ungesunde Inhalte" definiert. Dazu zählen sexuelle Freizügigkeit, Rauchen, Gewalt, Affären. Und besonders oft: Homosexualität.

So fehlten schon 2019 in China alle Szenen des Freddy-Mercury-Biopics "Bohemian Rhapsody", die seine Homosexualität zeigen. Erst vergangenen Monat hat der Hollywood-Klassiker "Fight Club" von chinesischen Behörden ein neues, revolutionsloses Ende bekommen. Und aus der "Friends"-Reunion letztes Jahr wurden die Gäste Lady Gaga, Justin Bieber und die koreanische Band BTS rausgeschnitten - ihnen unterstellt China anti-chinesische Einstellungen - und LGBT+-Fans.

In der neuen Version der Serie selbst verschwand übrigens neben Carols sexueller Orientierung auch der Neujahrskuss zwischen den männlichen Freunden Chandler und Joey. Und zu mehreren, freizügigen Dialogen liefern die chinesischen Untertitel zahme Übersetzungen: Statt im Stripclub nackte Frauen zu begaffen wird vorgeschlagen "auszugehen". Und aus dem Einwurf, Frauen könnten mehrere Orgasmen nacheinander haben, wird da plötzlich ein keusches "Frauen tratschen endlos." Immerhin: Für den leidenden Ross wird das keinen Unterschied machen.

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