Auch wenn die Auflage um knapp zwei Drittel sinken und das Magazin nicht mehr monatlich erscheinen wird, ist der Auftrag doch riesig. Schließlich gilt es, alle drei Monate etwa fünf Millionen Exemplare zu drucken und über Deutschland zu verteilen. Und das im Zeitalter der Digitalisierung, in dem Druckaufträge wegbrechen. Entsprechend ausgeprägt ist das Interesse der großen deutschen Verlage, ab 2020 die ADAC-Mitgliederzeitschrift Motorwelt zu produzieren und zu vertreiben. Ein halbes Dutzend Medienhäuser hat sich um den Auftrag beworben, dessen Volumen im dreistelligen Millionenbereich liegt. Zwei Bewerber sind noch übrig und es gibt Anzeichen dafür, dass der Zeitschriftenverlag Burda den Zuschlag erhalten wird.
Nach SZ-Informationen präsentierte Burda als bislang einziger Bewerber sein Konzept im Verwaltungsrat des ADAC, dem zweithöchsten Führungsgremium nach dem Präsidium. Ihm gehören unter anderem die Vorsitzenden der 18 Regionalklubs des gut 20 Millionen Mitglieder zählenden Automobilklubs an. Die Burda-Präsentation sei auf sehr große Akzeptanz gestoßen, sagt ein ranghoher ADAC-Insider. "Die Sache scheint durch."
Dem widerspricht der ADAC auf Nachfrage. "Mit welchem Medienhaus wir ab 2020 die ADAC Motorwelt zu unseren Mitgliedern bringen, ist noch völlig offen", sagt ein Sprecher. Es sei auch noch keine Vorentscheidung gefallen. Man befinde sich "in sehr guten, intensiven Gesprächen und Verhandlungen mit zwei renommierten Großverlagen". Erst in den kommenden Wochen werde eine Entscheidung fallen. Dem Vernehmen nach handelt es sich bei dem zweiten Bewerber um den Axel-Springer-Verlag.
Das Mitglied muss zum Heft kommen und nicht umgekehrt
Der scheint sein Angebot angesichts des Burda-Vorsprungs zuletzt nachgebessert zu haben. Wobei es bei den aktuellen Verhandlungen weniger um Redaktion und Druck der ADAC-Vereinszeitschrift geht als vielmehr um die Distribution. Bislang erhält jedes Mitglied seine Motorwelt monatlich per Post zugeschickt, wobei internen Erhebungen zufolge ein Viertel der Exemplare ungelesen in der Papiertonne landet. Künftig soll die Motorwelt den Mitgliedern digital zugänglich gemacht werden. Zusätzlich sollen fünf Millionen Druckexemplare außer über die ADAC-Geschäftsstellen auch über Tankstellen und Supermärkte vertrieben werden. Der Plan des ADAC: Das Mitglied soll sich an den Abholstellen als solches ausweisen und bekommt dafür kostenlos sein Heft. Dieses Prozedere könnte in der Praxis an den Ladenkassen aufwendig werden.
Auch die redaktionelle Gestaltung soll der Verlag übernehmen, nach inhaltlichen Maßgaben des ADAC. In dessen Kreisen heißt es, die Motorwelt solle von der Mitgliederzeitschrift zum hochwertigeren Magazin umgestaltet werden. Die bisherigen, beim ADAC angestellten Motorwelt-Redakteure sollen neue Jobs in der Kommunikation des Vereins oder der ADAC SE erhalten. Auch mit ihrer Hilfe will der ADAC sein Onlineangebot massiv ausbauen. Verlierer der Motorwelt-Umstellung ist die Deutsche Post, der 55 Millionen Euro pro Jahr an Portoeinnahmen verloren gehen.
Mit einer Auflage von etwa 14 Millionen Exemplaren ist die Motorwelt Europas aktuell auflagenstärkste Zeitschrift. Ihre Druckauflage schrumpfen zu lassen ist Teil eines Sparprogramms, mit dem der ADAC e.V. bis Ende 2020 insgesamt 80 Millionen Euro einsparen will. Die Motorwelt ist für den Verein ein großer Ausgabeposten; nur etwa ein Drittel der 90 Millionen Euro Kosten wird durch Anzeigen refinanziert. Ursprünglich sollte die Entscheidung Burda oder Springer bereits im April fallen. Nun drängt langsam die Zeit. Schließlich soll die Umstellung bereits im ersten Quartal 2020 erfolgen.