Xabi Alonso:Kommt uns spanisch vor

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Meister mit Stil: Xabi Alonso am vergangenen Sonntag im Leverkusener Stadion. (Foto: Martin Meissner/AP)

Zu Ehren von Xabi Alonso sang das ganze Leverkusener Stadion "Que Viva España!". Dass ihr Meistertrainer vor allem Baske ist? Egal! Es lebe die deutsche Weltgewandtheit.

Glosse von Silke Wichert

Natürlich war die Geste nur gut gemeint. Im allgemeinen Freudentaumel wollten die Leverkusener am Sonntag ihrem Meistertrainer mit einem Lied huldigen. Also legte der Stadionsprecher - Hauptsache, Spanien - den Gassenhauer "Que Viva España!" auf, und die Fans stimmten sofort mit ein. Zumindest den Refrain haben alle schon mal am Ballermann oder in einer Arte-Reportage über denselben gehört. Ein Hoch auf Xabi Alonso! Es lebe der spanische Glücksbringer! Geht es rührender?

Nun, es mag zwischen all der konstant harten Arbeit im Verein ein bisschen untergegangen sein, aber ihr neuer Super-Amigo Xabi ist zwar Spanier, stammt jedoch genau genommen aus dem Baskenland. Ohne es mit der Landeskunde zum Urlaubsziel Nummer eins der Deutschen übertreiben zu wollen: Das ist diese Region in Nordspanien mit sehr eigener Sprache und Autonomiestatus, die sich früher, Stichwort Eta, gewaltsam von Spanien unabhängig machen wollte. Pep Guardiola übrigens ist formell auch Spanier, ansonsten aber durch und durch Katalane. Glücklicherweise bekam der in München immer nur die Bierdusche und kein "Viva España" - das Lied grölen im spanischen Fußball nämlich besonders gern Madrid-Fans, wenn sie gerade baskische oder katalanische Mannschaften besiegt haben. Athletic Bilbao, Real Sociedad, FC Barcelona, solche Klubs. Aber wem sagen wir das.

Während der ein oder andere Spanier/Baske/Katalane beim Anblick der kollektiv hispanisierten Leverkusener auf X entgeistert "Was zur Hölle ...?" kommentierte, ist Xabi Alonso natürlich viel zu höflich, um sich über solche Lappalien aufzuregen. Nicht wie der kleinliche Niederländer Arjen Robben, der sich einmal öffentlich beschwerte, man solle nach seinen Toren nicht immer "Tulpen aus Amsterdam" spielen, er komme - godverdomme! - aus Groningen.

Zu denken gibt einem das jetzt natürlich schon ein bisschen. Sind wir viel gereisten Deutschen in Wahrheit gar nicht so weltgewandt und polyglott, wie wir immer glauben? Gerade im Fußball gab es da ja schon einige Bonmots, Andy Möllers "Mailand oder Madrid, Hauptsache, Italien", Lothar Matthäus, der hoffte, "to have a little bit lucky". Oder die Weltmeister von 2014, die bei der Feier nach dem Sieg gegen Argentinien den peinlichen "Gaucho-Gang" aufführten. Weder sind alle Argentinier berittene Viehhüter aus der Pampa, noch laufen sie seltsam geduckt.

Anlass zur Hoffnung geben ausgerechnet die deutschen Mallorca-Urlauber. Die grölen zwar in der deutschen Variante fälschlicherweise "Eviva España" ( Die Sonne scheint bei Tag und Nacht ... Der Himmel weiß, wie sie das macht ...") , dafür haben sie in den vergangenen Jahren immerhin gelernt, dass es phonetisch nicht "Mal-lorka" oder "Pael-la" heißt, sondern das Doppel-l im Spanischen wie "j" ausgesprochen wird. Überall ist jetzt brav "Majorka" und "Paeja" zu hören. Laut Spiegel gab der Wahl-Baleare (nicht zu verwechseln mit Wahl-Kanare) Til Schweiger dieses Wissen einmal in der Harald-Schmidt-Show zum Besten und verbesserte seinen Gastgeber, man sage auch nicht "Teki-la", sondern "Tekija". Der Schauspieler soll das so überzeugend vorgetragen haben, dass die ganze Runde fortan nurmehr von "Tekija" sprach. Sollte Schweiger noch mal irgendwo Erfolg feiern, wissen wir jetzt zumindest, welches Lied wir für ihn auflegen würden: "Hossa! Hossa! Hossa! Hossa! Fiesta, Fiesta Mexicana ..."

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