Tiere:Wie findet mein Hund richtige Buddies?

Lesezeit: 4 min

Wer schon mal gesehen hat, wie zwei Hunde miteinander toben, wie sie sich fangen und jagen, wie sie sich anrempeln, wie sie einander an den Lefzen knabbern oder...

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Eschweiler/Bad Bramstedt (dpa/tmn) - Wer schon mal gesehen hat, wie zwei Hunde miteinander toben, wie sie sich fangen und jagen, wie sie sich anrempeln, wie sie einander an den Lefzen knabbern oder einfach nur im Körbchen kuscheln, für den gibt es keinen Zweifel: Hunde brauchen Hunde.

„Wer das erlebt hat, weiß, dass kein Mensch so einen Hundekumpel ersetzen kann“, sagt Patricia Lösche, Vorsitzende des Berufsverbandes der Tierverhaltensberater und -trainer (VdTT).

Auch für Hund-Mensch-Coach Andreas Ohligschläger, der in seiner Hundetagesstätte in Eschweiler täglich zwischen 35 und 40 Hunde beherbergt, stellt sich nicht die Frage nach dem „Ob“. „Natürlich brauchen Hunde Hunde“, ist er überzeugt. „Es ist ein Trugschluss, wenn man meint: Der Hund hat ja mich, der hat ausreichend Zuwendung von mir, der braucht keine Artgenossen. Denn Hunde sind Hunde. Sie sind keine Menschen.“

Hund oft als emotionaler Dienstleister überfordert

Dabei müsse ein Hund zugleich emotionale Dienstleistungen für den Menschen erbringen, mit denen er oft überfordert ist. Etwa, wenn er stundenlang allein war und abends das genervte und gestresste Frauchen oder Herrchen heimkommt - und die ganze Energie des Tages auf ihn ausschüttet. „Wenn man dann mit ihm nach draußen geht und er zerrt an der Leine oder knurrt andere an, dann heißt es, er muss zum Hundetrainer“, sagt Ohligschläger. „Dabei braucht er nur mehr Kumpels und die Möglichkeit zur hündischen Kommunikation.“

Doch dazu haben viele gar keine Gelegenheit mehr. Häufig erlebt der Buchautor, dass Menschen meinen, ihr Hund brauche das nicht oder sei gar zu aggressiv. „Sie haben Angst, weil ihre Hunde sehr unsoziales Verhalten gegenüber Artgenossen zeigen.“ Die Folge: Sie isolieren sich, gehen nur noch frühmorgens oder spätabends spazieren, um niemandem zu begegnen. Und der Hund bekommt diese angespannte Stimmung genau mit.

Bei Begegnungen kommt es aufs „Kleingedruckte“ an

Um diese Spirale zu durchbrechen, rät Patricia Lösche dazu, ganz bewusst Kontakt zu anderen Zwei- und Vierbeinern zu suchen. Auch dann, wenn man den Hund vielleicht noch neu und/oder aus dem Tierschutz hat. Doch bei Hundebegegnungen komme es auf das „Kleingedruckte“ im Verhalten an. „Wer unsicher ist in der Interpretation hündischer Körpersprache, sollte lieber erst einmal in eine Hundeschule gehen, wo es Trainer gibt und sich die Hunde zunächst unter Aufsicht treffen und kennenlernen können“, rät Lösche.

Wer seinen Vierbeiner gut kennt und weiß, wie er sich im Umgang mit anderen verhält, kann auch übliche Gassi-Routen oder Freilaufzonen seiner Stadt wählen. Besser ist es aber, sich auf einem neutralen Gelände zu treffen. Auch sollte man die Hunde nicht durch Spielzeugwerfen oder ständige Einmischung ins Geschehen in Konflikte bringen - denn das kann eskalieren.

Wichtig ist zudem: Auf das Bauchgefühl hören und die Hunde beim Aufeinandertreffen beobachten. „Wenn sich bei zwei Rüden direkt die Nackenhaare sträuben, wenn sie sich angucken, und sie mit steifen Beinen aufeinanderzustolzieren, ist es keine so gute Idee, sie von der Leine zu lassen“, sagt die Tierpsychologin.

Ängstliche Hunde nicht in „Schutzanzug“ packen

Auch Andreas Ohligschläger rät: „Wenn ich einen Draufgängerhund habe, der andere bedrängt, sollte ich ihn zurücknehmen und ihm erst einmal beibringen, sich angemessen zu verhalten.“ Auf ängstliche Hunde sollte man zwar Rücksicht nehmen, sie jedoch nicht ständig in einen „Schutzanzug“ stecken. „Hunde können von Hunden viel lernen. Auch ängstliche und aggressive“, weiß der Tier-Hund-Coach aus 35 Jahren Erfahrung.

So dürften ängstliche Hunde auch mal in Stresssituationen gebracht werden. „Wenn ich dann merke, dass die Chemie stimmt, sollte ich ihnen den Raum geben, sich kennenzulernen - und als Mensch dann im besten Fall einfach mal die Klappe halten.“

Und woran erkenne ich, dass Vierbeiner gerade in der Stimmung für neue Freundschaften sind? „Wenn wir merken, dass die Hunde sehr entspannt sind und sich in absoluter Ruhe befinden“, erklärt Ohligschläger. Auch wenn sie aufeinander zugehen, ein bisschen fiepen und mit der klassischen Vorderkörpertiefstellung zum Spielen auffordern. „Dann beginnt eine hündische Kommunikation. Und man merkt: Die Hunde fühlen sich wohl und bekommen einfach eine gute Energie.“

Gerade Rudelhunde brauchen Kontakt untereinander

Und auch das ist ein Unterschied zum Spiel mit Menschen: „Die Geschwindigkeit von Hunden, einander nonverbal zu verstehen, kann man definitiv nicht ersetzen“, sagt Patricia Lösche. Zudem gibt es bestimmte Rassen, die nicht so sehr auf den Menschen bezogen sind und den Kontakt untereinander noch mehr brauchen als andere: Rudelhunde wie Beagles etwa oder Jagdhunderassen, die gemeinschaftliche Unternehmungen besonders benötigen.

Und manche Rassen verstehen sich untereinander per se besser: „Windhunde spielen auf bestimmte Art und Weise, mit einer ganz anderen Geschwindigkeit und Beschleunigung. Da kommen andere nicht mit“, sagt Lösche. Da kann es passieren, dass andere Hunde frustriert sind - und die Stimmung ins Gegenteil umschlägt.

Und wenn es bei einer Begegnung doch mal „knallt“ und die Hunde aufeinander losgehen? Nicht überbewerten, meinen die Fachleute. „Hunde pöbeln sich vielleicht mal an, aber das Recht muss ein Hund auch mal haben“, findet Patricia Lösche. „Gerade bei Rüden geht es manchmal laut her, die machen einen Mordslärm um nichts.“

Nach Rauferei noch ein Stück gemeinsam spazieren

Andreas Ohligschläger hält nichts davon, nach einer Rauferei beleidigt getrennte Wege zu gehen - „womöglich noch mit dem Kommando 'bei Fuß' und in der Meinung, dass der andere angefangen hat oder alle Hunde schlecht sind.“

Sinnvoller sei es, gegenüber dem anderen Halter offen zu sagen: „Das hat zwar nicht geklappt und die beiden hatten zwar gerade eine Meinungsverschiedenheit, aber sie können trotzdem nett sein.“ Dann mache es Sinn, ein Stück gemeinsam spazieren zu gehen oder einen Moment zu warten und sich auf Abstand noch etwas zu unterhalten. Wichtig sei für beide Seiten, die Begegnung positiv zu beenden.

© dpa-infocom, dpa:211222-99-480915/4

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: