Haben & Sein:Lauter Klassiker

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Linda Evangelista stand früher häufig vor der Kamera von Steven Meisel. Jetzt trägt sie seine Sachen für Zara. (Foto: Zara)

Der Stool 60 von Alvar Aalto wird 90, Steven Meisel und Sarah Burton sind auf Abwegen und obendrein gibt's eine Seife, die den Sommer verlängert - die Stilnews der Woche.

Von Anne Goebel, Tanja Rest, Max Scharnigg und Silke Wichert

Im Kleiderschrank von Steven Meisel

Mit Gastdesignern verhält es sich allmählich wie mit Gastdozenten - jeder mit ein bisschen Expertise und Mitteilungsdrang darf mal seinen Senf dazugeben. Deshalb gab es schon Kollektionen von Models wie Gigi Hadid, Schauspielern wie Antonio Banderas, Sportlern wie Lewis Hamilton, Stilikonen wie Inès de la Fressange, diversen Influencern (Namen schon wieder vergessen) und jetzt hat sich Zara zum ersten Mal mit einem Fotografen zusammengetan. Natürlich nicht mit irgendeinem Fotografen, sondern mit the one and only Steven Meisel, der eben nicht nur all diese legendären Modestrecken für die italienische Vogue fotografiert hat, sondern auch seit langem für den spanischen Textilriesen arbeitet.

Vergangenes Jahr gab es in A Coruña nahe dem Hauptsitz bereits eine Ausstellung mit ihm, am 18. September kommt nun Steven Meisel New York in die Zara-Boutiquen. "Entwerfen" sollte man das vielleicht nicht nennen, eher wohl hat der 69-Jährige seinen Kleiderschrank geöffnet und den Zara-Designern seine Lieblingsteile zum Nachschneidern gezeigt. Als da wären: Bandana, Pelzmütze, Lederweste, Grunge-Wollpulli, Lederjacke, schwere Stiefel. Ach ja, was man noch über Meisel wissen sollte: Er trägt nur Schwarz, folglich ist auch die ganze Kollektion schwarz. Ob der Zara-Kunde das Konzept dahinter versteht? Egal, all die Klassiker von diesem Herrn Meisel werden auch so ihre Abnehmer finden. Das Beste sind natürlich sowieso: die Fotos zur Kollektion ( zara.com).

Der Hocker schlechthin in seiner neuesten Version "Villi" vom renommierten Mailänder Designstudio Formafantasma. (Foto: Marc Eggimann)

90 Jahre vom Hocker

Gesehen hat ihn wahrscheinlich jeder schon mal, wahrscheinlich auch darauf gesessen oder ihn gar zu einem Turm gestapelt: Der Stool 60 von Alvar Aalto dürfte samt seiner Plagiate zu einer der vertrautesten Formen im Möbeldesign gehören. Der Hocker, der mit seiner skandinavischen Schlichtheit in Kindergärten genauso gut aufgehoben ist wie in Designer-Lofts, wird seit 1933 ununterbrochen produziert und hat sich in dieser Zeit kaum verändert. Die dreibeinige Sitzgelegenheit entsprang seinerzeit Aaltos Vision, ein universelles Nutzobjekt zu entwickeln, das vollständig aus heimischem Holz gefertigt ist - in Finnland war damit in erster Linie die Birke gemeint.

Trotz der enormen Stückzahlen wird der Stool 60 bis heute in Finnland aus Birken Massiv- und Schichtholz und mit einem hohen Anteil an Handarbeit von der Firma Artek gefertigt. Also jenem Unternehmen, das dem Designer Alvar Aalto und seiner Frau Aino in besonderer Weise verbunden ist - das Paar gehörte schließlich auch zu den Mitgründern der Firma. Zum 90. Geburtstag des Stool 60, spendierte Artek ihm nun drei Remixe, die dieses Jahr veröffentlicht wurden. Die letzte Verjüngung besorgte das renommierte Mailänder Designbüro Formafantasma, mit ihrer Version "Villi" (deutsch: wild). Der subtile Ansatz der Italiener ist dabei erst auf den zweiten Blick erkennbar - mit ausgesucht "wildem" Holz, also mit Astlöchern, Insektengängen und sonstigen natürlichen Irritationen, soll jeder Hocker einzigartig werden - und gleichzeitig auf die Vielfalt aber auch Verletzlichkeit des Werkstoffs Holz hinweisen. Mehr unter artek.fi

Nach 13 Jahren ist Schluss - bei den kommenden Schauen in Paris wird Sarah Burton ihre letzte Kollektion für Alexander McQueen präsentieren. (Foto: Christophe Ena/dpa)

Sarah Burton verlässt Alexander McQueen

Wenn man sehr weit hinabsteigt, in der Zeit und in die finstersten Abgründe des Menschlichen, kommt man beim 11. Februar 2010 an, an dem sich der Designer Alexander McQueen das Leben nahm. Ein dunkles Genie, das der Mode einige ihrer wahnsinnigsten und zugleich ikonischsten Momente beschert hatte und dabei immer tiefer im eigenen Schaffensstrudel versunken war. Dieses Erbe anzutreten, erforderte Mumm und ein sehr breites Kreuz - weshalb die Modewelt nicht schlecht staunte, als die Wahl auf eine zierliche blonde Frau fiel, von der die wenigsten gehört hatten. Ihr Name: Sarah Burton. Sie hatte bereits in den Neunzigern als Praktikantin für Alexander McQueen gearbeitet und war dann einfach dageblieben als seine engste und wichtigste Verbündete.

Kaum eine kannte seine Dämonen besser als sie, aber keine hat auch mehr von ihm gelernt über die höchste Kunst der Schneiderei, das potenzielle Drama einer radikalen Silhouette. Sie hat die Marke dann mit ruhiger Hand in sichere Gewässer geführt, ihr die Poesie gelassen, die Dunkelheit aber weitgehend ausgetrieben und sie vor allem tragbarer gemacht. Dafür wurde sie von der Branche schließlich respektiert wie wenige andere. Ihr mit Abstand größter Runway aber war und blieb der Mittelgang der Westminster Abbey, den Kate Middleton 2011 entlangschritt, um Prinz William zu heiraten - in einem elfenhaft zarten Hochzeitskleid von Alexander McQueen. Nun hat der Mutterkonzern Kering mitgeteilt, dass Sarah Burton das Haus nach 26 Jahren verlassen wird. Ihr letztes Modemärchen wird sie bei der bevorstehenden Pariser Fashion Week für Frühjahr/Sommer erzählen. Ein Nachfolger steht noch nicht fest.

Türkisblaue Ferien-Erinnerung: Seife von Claus Porto. (Foto: Hersteller)

Meeresbrise fürs Bad

Die gute alte Seife wird immer wieder mal neu erfunden, in der traditionellen festen Form und nicht zum Pumpen. Sieht ja auch schön altmodisch aus im Bad, wobei es beim Händewaschen nicht die praktischste Variante ist, erstmal das fest verklebte Stück von der Schale zu lösen. Unproblematischer sind die Seifen mit Kordel, die man über die Armatur hängt, in den Siebzigerjahren der Inbegriff verschwenderischer Dusch-Exzesse, als Wasserknappheit noch kein Thema war. Loewe hat luxuriöse Soap bars mit Marihuana- und Oregano-Duft im Programm, bei Celine riechen sie nach den Hausparfums Parade oder Eau Californie. Wer etwas weniger investieren möchte in saubere Hände: " Alto Mar" aus Portugal von der Traditionsfirma Claus Porto duftet sommerlich nach Rosmarin, Minze, Jasmin - und erinnert in der Farbe an den Ferien-Meerblick (24 Euro).

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