Familien-Newsletter:Das große Pisa-Schulterzucken

Lesezeit: 2 min

Müde? Viele Schülerinnen und Schüler finden den Lernstoff nicht interessant. (Foto: Ute Grabowsky/photothek.net/imago/photothek)

Vor mehr als zwanzig Jahren traf Deutschland der "Pisa-Schock". In der aktuellen Studie schnitten die Schüler noch schlechter ab - und es scheint wenig zu kümmern.

Von Lilith Volkert

Dieser Text stammt aus dem Familien-Newsletter der Süddeutschen Zeitung, der jeden Freitagabend verschickt wird. Hier können Sie ihn abonnieren.

Liebe Leserin, lieber Leser,

woran denken Sie, wenn Sie sich an Ihren Matheunterricht erinnern? An spannende Kurvendiskussionen? Schweißnasse Hände beim Abfragen? Oder an den sympathischen Klassenkameraden, der zwei Reihen weiter vorn saß?

Heute verbinden die meisten Jugendlichen in Deutschland den Matheunterricht mit Müdigkeit (49 Prozent) und Langeweile (41 Prozent). Nur jeder Dritte sagt von sich, er sei interessiert oder motiviert. Das zeigt die Pisa-Studie, für die 15-Jährige nicht nur in Mathematik, in Naturwissenschaften und im Lesen getestet wurden. Man hat ihnen auch viele Fragen gestellt. Ihre Antworten verraten, wie sehr Unterricht oft an der Lebenswelt der Jugendlichen vorbeigeht, wie wenig sie sich von ihren Lehrkräften unterstützt fühlen.

Nachdem ich darüber berichtet hatte, haben mir ein paar Leser geschrieben, dass auch früher Mathe nur den wenigsten Jugendlichen Spaß gemacht hat und viele Lehrer verständnislose Spinner waren. Die Schülerinnen und Schüler sollten sich mehr anstrengen, empfahl einer. Ich finde, die Lösung von strukturellen Problemen - etwa die schlechte Integration von zugewanderten Jugendlichen und die oft fehlende individuelle Förderung - sollte nicht einzelnen aufgebürdet werden. Mit dem Rat "Reißt euch zusammen" kommt man hier nicht weiter.

Außerdem erklärt Langeweile im Unterricht natürlich nur zu einem Teil, warum Deutschland bei der Pisa-Studie so schlecht abgeschnitten hat wie nie zuvor. Woran es sonst noch lag, können Sie in meiner Analyse nachlesen - und sich außerdem an Aufgaben versuchen, die den Schülern gestellt wurden.

Ich finde es wirklich frustrierend: Nach dem "Pisa-Schock" - den schlechten Ergebnissen aus dem Jahr 2000 - haben Bildungspolitiker vieles richtig gemacht. Doch vor etwa zehn Jahren ging ihnen die Puste aus, erfolgreiche Förderprogramme wurden wieder beendet. Heute ist das Schulsystem eine einzige Baustelle, nicht nur im übertragenen Sinne: Viele Gebäude sind marode, die Kommunen kommen mit der Sanierung nicht hinterher. Meine Kollegin Kathrin Müller-Lancé hat aber auch herausgefunden, wie es besser läuft - wo und warum beschreibt sie in diesem Text.

Für ein bisschen gute Laune zum Schluss möchte ich Ihnen noch diesen Artikel empfehlen, der mir beim Schreiben viel Spaß gemacht hat: Woher kommt das Klischee von den faulen Säcken, die vormittags recht und nachmittags frei haben? Über die Geschichte des Lehrer-Bashings.

Ein schönes Wochenende wünscht

Lilith Volkert

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