Pflege-TÜV:Strengere Noten für Heime

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Heime mit schweren Pflegemängeln können bislang gute Zensuren erhalten. Krankenkassen und Politiker fordern nun eine Verschärfung des Pflege-TÜVs.

Nina von Hardenberg

Pflegeheime sollen künftig strenger benotet werden. Das hat der Geschäftsführer des für die Prüfungen zuständigen Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) gefordert.

"Es gibt Schwachstellen im jetzigen Bewertungssystem. Da müssen wir nachbessern", sagte Peter Pick, der den MDK auf Bundesebene vertritt. Vor dem für diesen Dienstag geplanten Treffen mit Pflegeverbänden im Gesundheitsministerium forderte er die Betreiber der Heime auf, einer Verschärfung des Notensystems zuzustimmen: "Wir müssen handeln, bevor das ganze Bewertungssystem an Glaubwürdigkeit verliert."

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) dämpfte dagegen die Hoffnung auf eine schnelle Änderung. Er verwies darauf, dass immer noch nicht alle Heime geprüft seien. "Wenn jetzt immer mehr Heime und ambulante Dienste geprüft sind, kann man überlegen, was man besser machen kann", sagte Rösler der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung im Vorfeld der an diesem Dienstag beginnenden Pflegemesse in Hannover.

Mit seiner Forderung nach einer Reform des Bewertungssystems für Heime reagiert der MDK auf die anhaltende Kritik an dem Notensystem für Heime. Dieser sogenannte Pflege-TÜV war mit der Pflegereform im Jahr 2008 eingeführt worden.

Er soll es pflegebedürftigen Menschen ermöglichen, auf einen Blick zu erkennen, wie gut ein Heim seine Bewohner betreut. Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen prüfen deshalb derzeit alle 10.400 Heime in Deutschland und bewerten sie nach 80 unterschiedlichen Kriterien.

Das Gesamtergebnis wird mit Noten von "sehr gut" bis "mangelhaft" dargestellt und muss von den Heimen veröffentlicht werden. Doch eben an diesen Gesamtnoten entzündet sich die Kritik. Sie gelten als irreführend, da selbst Heime mit schweren Pflegemängeln gute Zensuren erhalten können, wenn sie in anderen Bereichen glänzen.

Neue Gewichtung der Kriterien

Zuletzt hatte deshalb die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) in der Süddeutschen Zeitung einen sofortigen Stopp des Pflege-TÜVs verlangt. Die Kriterien des TÜVs seien ungeeignet, Qualität zu messen, hatte die Ministerin gesagt. Sie hatte unter anderem auf einen Fall in Bayern verwiesen. Dort hatte ein Heim die Note gut bis sehr gut (1,7) erhalten, obwohl die bayerische Heimaufsicht später erhebliche Mängel feststellte.

Anders als die Ministerin wollen die Krankenkassen und der Medizinische Dienst den Pflege-TÜV aber auf keinen Fall wieder abschaffen. Sie setzen vielmehr darauf, die 80 Prüfkriterien neu zu gewichten, sodass sich Mängel in der Pflege direkt in der Gesamtnote niederschlagen. Schneidet ein Heim künftig bei mehreren zentralen Pflegeaufgaben schlecht ab, so soll es in der Gesamtnote automatisch herabgesetzt werden.

Zu solchen zentralen Pflegeaufgaben zählen die Prüfer Aufgaben, die die Gesundheit der Bewohner direkt betreffen - etwa die korrekte Lagerung von bettlägerigen Bewohnern, sodass sich keine Druckgeschwüre bilden, oder die ausreichende Versorgung mit Essen und Trinken. Ein Heim, das bei diesen elementaren Aufgaben patzt, darf nicht mit einer sehr guten Gesamtnote abschneiden, so die Logik.

Die Pflegeverbände müssen zustimmen

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen hatte diese Vorschläge zur Veränderung des Benotungssystems bereits im Februar auf einer Tagung des Spitzenverbandes der Krankenkassen vorgestellt. Eine Änderung der Pflegenoten bedarf aber der Zustimmung der Pflegeverbände, die die Heime und ambulanten Pflegedienste vertreten. Diese hatten bislang sehr zurückhaltend auf die Vorschläge reagiert. Sie weisen darauf hin, dass die Gesamtnote in den meisten Fällen ein realistisches Bild der Heime zeichne.

Laut der Evaluation des Medizinischen Dienstes ist dies nur bei 24 von 1000 Prüfungen nicht der Fall gewesen. "Für ein neues System ist das eine Quote, mit der man zufrieden sein kann", sagte Herbert Mauel, Geschäftsführer vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste, der knapp zwei Drittel aller privaten Pflegeeinrichtungen in Deutschland vertritt. Vor einer Veränderung des Prüfsystems solle man sich diese 24 Heime genau anschauen und prüfen, was der Grund für die schlechten Noten sei.

Mauel warnte davor, einem Heim aufgrund von einzelnen Kriterien eine schlechte Gesamtnote zu geben. Bei der Kontrolle des Ernährungszustandes eines Bewohners etwa fragten die Prüfer fünf Kriterien ab. Ein Heim dürfe nicht schon dann in der Gesamtnote herabgestuft werden, wenn eines dieser Kriterien negativ ausfalle.

© SZ vom 23.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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