Paralympics:15 Jahre nach dem Unfall: Nächste Medaille für Zanardi

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Rio de Janeiro (dpa) - Nach 60 Kilometern fehlte Alessandro Zanardi nur die halbe Länge seines Handbikes zum nächsten Gold. Der frühere Formel-1-Pilot kam beim Straßenrennen der Paralympics in Rio de Janeiro wenige Zentimeter hinter dem Südafrikaner Ernst van Dyk ins Ziel.

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Rio de Janeiro (dpa) - Nach 60 Kilometern fehlte Alessandro Zanardi nur die halbe Länge seines Handbikes zum nächsten Gold. Der frühere Formel-1-Pilot kam beim Straßenrennen der Paralympics in Rio de Janeiro wenige Zentimeter hinter dem Südafrikaner Ernst van Dyk ins Ziel.

Mindestens so bedeutsam wie dieses Rennen selbst war aber das Datum, an dem es stattfand: An diesem Donnerstag jährte sich zum 15. Mal genau jener Tag, an dem Zanardi bei seinem Unfall auf dem Lausitzring beide Beine und fast auch sein Leben verlor.

„Natürlich fühlt sich eine Goldmedaille besser an als eine Silbermedaille“, sagte der 49 Jahre alte Italiener im Start- und Zielbereich der Radsport-Wettbewerbe direkt am Strand des Stadtteils Barra. „Aber gerade dieser Tag erinnert mich daran, dass ich glücklich sein muss, überhaupt noch am Leben und überhaupt hier zu sein.“ Das sei ein „viel größerer Erfolg als diese Silbermedaille.“

15. September 2001: Zanardi fährt ein Rennen der internationalen ChampCar-Serie auf dem Lausitzring. Sein Wagen gerät ins Schleudern, der Kanadier Alex Tagliani kann nicht mehr ausweichen und fährt mit Tempo 320 ins Zanardis Auto hinein. Der Italiener verliert beide Beine, muss mehrfach wiederbelebt und notoperiert werden.

15 Jahre später ist Zanardi der größte Star der paralympischen Bewegung. Sein Name als früherer Formel-1-Fahrer, seine Erfolge mit dem Handbike und auch sein Charisma machen ihn berühmt. 2012 in London holte er Gold im Zeitfahren und auf der Straße, in Rio wiederholte er zumindest seinen Triumph im Kampf gegen die Uhr.

„Ich mache nicht mehr oder weniger, als ich früher gemacht habe“, sagte Zanardi am Donnerstag in Rio. „Ich fahre immer noch Rennen, ich trainiere immer noch hart, ich habe immer noch das Privileg, meine Leidenschaft auf professionelle Weise umzusetzen.“ Was sich verändert habe, ist: „Ich erreiche mit dem, was ich tue, heute viel mehr Menschen als früher. Das hilft mir, meine Botschaft zu platzieren.“

Diese Botschaft ist einfach, er hat sie in der harten Zeit zwischen dem Unfall und seinem sportlichen Comeback selbst vorgelebt: Gib' niemals auf, setze dir immer Ziele. „Meine Geschichte ist ein Beweis dafür: Das Leben ist nie zu 100 Prozent gut oder zu 100 Prozent schlecht“, sagte er. „Man sollte immer nur jeden einzelnen Tag als Gelegenheit sehen, etwas zu erreichen.“

Wegen seiner Geschichte und Sätzen wie diesen ist Zanardi in Rio ein gefragter Mann. Für den Sieger van Dyk interessierte sich schon kurz nach dem Straßenrennen niemand mehr. Je mehr Interviews er gab, desto deutlicher wurde aber auch: Zanardi ist nicht nur ein Botschafter. Er ist immer noch ein Rennfahrer. „Ich bin immer noch hungrig“, sagte er. „Ich sitze jetzt hier, bin Zweiter und denke: Was hat gefehlt, um Erster zu sein?“ Eine Antwort darauf hat etwas mit dem Zeitfahren erst am Vortag zu tun. „Ich bin ein alter Mann“, meinte Zanardi. „Ich war heute schon kaputt, als der Wecker geklingelt hat.“

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