Erfurt:Behindertenbeauftragter will immer den Einzelfall betrachten

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Erfurt (dpa/th) - In der Diskussion um Inklusion an Schulen hat sich Thüringens Behindertenbeauftragter Joachim Leibiger gegen ein starres Festhalten an Gesetzen und Verordnungen ausgesprochen. Über den angemessene Unterricht für Kinder mit Handicap solle immer im Einzelfall entschieden werden, sagte Leibiger am Mittwoch in Erfurt bei der Vorstellung seines aktuellen Tätigkeitsberichts.

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Erfurt (dpa/th) - In der Diskussion um Inklusion an Schulen hat sich Thüringens Behindertenbeauftragter Joachim Leibiger gegen ein starres Festhalten an Gesetzen und Verordnungen ausgesprochen. Über den angemessene Unterricht für Kinder mit Handicap solle immer im Einzelfall entschieden werden, sagte Leibiger am Mittwoch in Erfurt bei der Vorstellung seines aktuellen Tätigkeitsberichts.

Wenn etwa ein blindes Kind zusätzlich am Usher-Syndrom leide und dadurch auch in seiner Hörfähigkeit eingeschränkt sei, könne es nicht in einer Schule unterrichtet werden, in der Bauarbeiten liefen. In einem solchen Fall sei es völlig egal, welche rechtlichen Regelungen für den Unterricht des Kindes gelten würden: „Das muss einfach in eine Internatsschule gehen, sonst funktioniert das nicht.“

In Thüringen wird derzeit das Schulgesetz novelliert, in dem festgeschrieben werden soll, dass Kinder mit und ohne Handicap in Zukunft häufiger gemeinsam lernen sollen als bisher. Unabhängig davon wird seit Monaten heftig darüber gestritten, inwieweit es in ihrem Interesse ist, behinderte Kinder gemeinsam mit nicht-behinderten Kindern zu unterrichten.

Nach Einschätzung Leibigers ist in den vergangenen Jahren bei der Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft viel erreicht worden. Trotzdem gebe es unter anderem noch immer „Barrieren in den Köpfen“, die verhinderten, dass Behinderte gleichwertig im Land leben könnten. Ein Beispiel für die positive Entwicklung der jüngeren Vergangenheit seien die Umbaumaßnahmen in der Tourismusregion Oberhof. Dabei sei an vielen Stellen auf Barrierefreiheit geachtet worden - auch wenn dabei teilweise auch einschlägige Normen missachtet worden seien.

Ähnlich wie für den Bildungsbereich sprach sich Leibiger auch für den Wirtschafts-Bereich dafür aus, immer im Einzelfall zu prüfen, ob Menschen mit Handicap auf dem ersten Arbeitsmarkt integrierbar seien oder doch andere Jobangebote brauchten. Behinderte, die in einem Unternehmen einen Arbeitsplatz finden könnten, müssten jede Unterstützung erhalten, die man ihnen dazu geben könne. Es sei aber auch ein Fakt, dass sich nicht jeder Behinderte in einem Unternehmen integrieren lasse.

Der Bericht Leibigers umfasst den Zeitraum von 2014 bis 2018. Leibiger war von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) im Dezember 2015 zum Beauftragten für Menschen mit Behinderungen ernannt worden. Er hatte das Amt am 1. Januar 2016 angetreten. Der Behindertenbeauftragte der Landesregierung ist einerseits Ansprechpartner für Menschen mit Handicaps im Freistaat. Gleichzeitig vertritt er ihre Interessen vor allem gegenüber der Landespolitik. Nach Angaben des Behindertenbeauftragten hat etwa jeder zehnte Thüringer eine amtlich festgestellte Schwerbehinderung.

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