Generell ist bei Eheschließungen dieser Tage ein Trend zur unbeschwerten Ausgelassenheit festzustellen. Statt einer Feier, in der sich die Brautleute gegenseitig das kirchliche Sakrament spenden, gewinnt etwa der "Junggesellinnen-Abschied" mehr und mehr an Bedeutung. Für die Trauungszeremonie wird statt eines Priesters beispielsweise ein Arbeitskollege verpflichtet, auf Fürbitten zum Wohle der Welt ganz verzichtet. Ebenso wie auf den Spruch: "Bis dass der Tod euch scheidet" (erstmals für das Jahr 1508 belegt). Man kann sagen: Hochzeit ist Partyzeit.
Nun ist nicht nur in Deutschland zu beobachten, dass selbst moderne Paare, bewusst oder unbewusst, zu einer gewissen Zahlenmystik neigen, welche man - ebenso wie das blütenweiße Brautkleid - für längst überholt gehalten hatte. Laut Recherchen diverser Lokalblätter aber ist der 1.8.18 als Tag der Eheschließung genauso gefragt wie der 8.8.18 und der 18.8.18. An letzterem Datum, einem Samstag, sperren allerlei Kommunen extra ihre Standesämter auf, so groß ist die Nachfrage. Zahlen gelten seit Menschengedenken als Mittel der Erkenntnis. Schon zu Zeiten, in denen es weder Google noch Netflix gab, suchte der Mensch in ihnen ein Spiegelbild kosmischer Ordnung. Gott hat alles "nach Maß, Zahl und Gewicht" sortiert, so steht es im mehr als 2000 Jahre alten Buch der Weisheit. Auch der Mathematiker Johannes Kepler (1571 bis 1630) glaubte fest daran, das weltliche Schicksal mit Zahlen irgendwie berechnen zu können.
SZ Jetzt Hochzeitskolumne "Vik will":Wie mich der Heiratsantrag zu Hugh Grant machte
Wie heiratet man heute als emanzipierter Mann eine emanzipierte Frau? In Folge eins unserer Hochzeitskolumne merkt unser Kolumnist schon: Es ist schwer, den Klischees zu entkommen.
So gesehen bietet die Mischung aus acht und eins im aktuellen Hochzeitsdatum eine interessante Kombination: Während die Eins in fast allen Kulturen für das Vollkommene steht, repräsentiert die Acht das doch mitunter eiernde "Rad des Lebens". Schon mit vier zusätzlichen Strichen lässt es sich aus dem Kreuz der vier Himmelsrichtungen formen (zu sehen etwa im hinduistischen Sonnentempel von Konark, Indien).
Die Entscheidung zur mehrfachen Acht im Hochzeitsdatum überrascht allerdings. Ist die Zahl, liegend, doch ein Symbol der Unendlichkeit. Und Unendlichkeit wirkt im Zeitalter von Tinder und Instagram nicht unbedingt mehr zeitgemäß: Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2016 rund 410 000 Ehen geschlossen, fast 220 000 weniger als noch 1956. Dafür stieg die Zahl der Scheidungen im gleichen Zeitraum um gut 90 000 auf 162 000 an.
Doch die Acht mahnt auch zum Realismus: Noah etwa hätte gerne mehr Menschen auf seiner Arche mitgenommen, er schaffte aber nur acht. Laut Buddhas Lehre wiederum muss der Mensch auf dem Weg zur Erlösung den achtfachen Pfad beschreiten. Immerhin: Der achte Tag eröffnet die neue Woche - ein Neuanfang!
"Der Mensch möchte halt irgendwie besonders sein", sagt Thomas Jahnke, Mathematikprofessor an der Uni Potsdam. "Notfalls durch so ein Hochzeitsdatum. Aber, wenn es nur danach ginge, so würde meine Tochter ja eine 08/15-Ehe führen. Die hat nämlich am 1.8.15 geheiratet."
Es könnte ja auch einfach sein, dass ein Termin wie der 1.8.18 von Paaren nur deshalb gewählt wird, weil er sich gut merken lässt. Eine derartige Uninspiriertheit aber möchte man wirklich niemandem unterstellen.