Es ist das teuerste je versteigerte Kunstwerk: Für 450,3 Millionen Dollar (fast 382 Millionen Euro) ist im New Yorker Auktionshaus Christie's das Gemälde "Salvator Mundi" verkauft worden, das angeblich von der Hand Leonardo da Vincis stammt. Dirk Boll ist bei Christie's Präsident für Europa, Russland, Indien und den Nahen Osten. Der Jurist, Kulturmanager und Auktionator erklärt, wie die Versteigerung eines solchen Gemäldes funktioniert.
SZ: Den Namen des Käufers von "Salvator Mundi" hat Ihr Auktionshaus nicht bekanntgegeben. Sie kennen ihn aber schon, oder?
Ja, natürlich wissen wir, wer unser Vertragspartner ist. Vor einer Auktion wird ein Vertrag geschlossen für den Fall, dass ein Bieter den Zuschlag erhält. Und ein Punkt in diesem Vertrag kann sein, dass der Name des Bieters nicht öffentlich genannt wird. So war es in diesem Fall. Aber bei einer Versteigerung wird ja Eigentum übertragen und natürlich müssen wir als Auktionshaus wissen, an wen. Das sehen schon die Regeln gegen Geldwäsche vor, nach denen wir uns richten.
Prüfen Sie vor einer solchen Auktion die Bonität der Bieter?
Absolut. Da richten wir uns nach einem Regelprogramm, das ursprünglich von Banken entwickelt wurde. Es heißt "Know your Client" und schreibt vor, welche persönlichen und geschäftlichen Daten des Kunden geprüft werden müssen.
Was sind das für Menschen, die Hunderte Millionen Dollar für ein Kunstwerk ausgeben?
Zunächst einmal gibt es nicht viele von ihnen. Es gibt nicht viel mehr als zehn Werke, die bislang für dreistellige Millionenbeträge verkauft worden sind. Das sind sehr vermögende Menschen. Niemand gibt den allergrößten Teil seines Vermögens für ein Kunstwerk aus. Und wenn so jemand dann ein Kunstwerk für einzigartig hält, dann kann das dazu führen, dass Preisrekorde gebrochen werden.
Spielt es für den Kaufpreis dann überhaupt eine Rolle, ob ein Gemälde wirklich von Leonardo da Vinci zum Beispiel stammt oder nicht?
Da muss man unterscheiden zwischen alten Meistern und späteren Werken. Bei alten Meistern ist eine Diskussion über die Urheberschaft nichts Ungewöhnliches, da diskutieren Wissenschaftler oft über den Einfluss der Schüler oder Nachfolger. Im 20. Jahrhundert ist die Situation eine ganz andere, weil die Werke viel besser dokumentiert sind und es meist Werkkataloge gibt, in denen alle verzeichnet sind.
Ist es wahrscheinlich, dass am "Salvator Mundi" weiter geforscht wird, um die Attributionsfrage irgendwann zu klären?
Das kann ich nicht ausschließen. Das kommt darauf an, was der Eigentümer mit dem Werk vorhat. Ob es irgendwo zu Hause über einem Sofa hängen wird oder ob er es einer Institution zur Verfügung stellt oder für Wechselausstellungen verleiht. Der Verkäufer hat das Bild in der National Gallery in London ausgestellt. Aber ob an dem Gemälde weiter geforscht wird, ist die private Entscheidung des Käufers.