Nachruf auf Udo Zimmermann:Ein leiser, unbeugsamer Veränderer

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Er kannte so viel Musik: der Komponist, Dirigent und Intendant Udo Zimmermann. (Foto: Arno Burgi/dpa)

Die Oper "Weiße Rose" war sein Meisterstück: Zum Tod des Komponisten, Dirigenten und Musikmanagers Udo Zimmermann.

Von Reinhard J. Brembeck

Vor ein paar Monaten, die Seuche wütete noch heftig, und die meisten Opernhäuser durften deshalb nicht spielen, gab es beim Sender Arte eine ganz besondere Aufführung zu sehen, Udo Zimmermanns Erfolgsstück "Weiße Rose" als Graphic Opera, als einen oft in Schwarzweiß gehaltenen, Sänger und Zeichnungen digital zusammensetzenden Film. "Weiße Rose" ist eine Minioper über die von den Nazis ermordeten Geschwister Scholl, ein Widerstandsstück, das der 1943 in Dresden geborene Udo Zimmermann 1986, also noch vor dem Mauerfall, in Hamburg herausbrachte.

Zimmermann war als Komponist, Dirigent und Manager ein Wanderer zwischen Ost und West, zwischen DDR und BRD. Als Junge sang er im Dresdner Kreuzchor, all seine Werke zeichnet bei ihrer gemäßigten Modernität immer eine staunenswerte Kantabilität aus. Obwohl sich seine Musik von der harten Avantgarde fernhielt, setzte er sich genau für dieselbe als Manager ein. Er gründete in Dresden ein Zentrum für zeitgenössische Musik, arbeitete an der dortigen Oper lange als Dramaturg. Als Leipziger Opernintendant waren die Hälfte seiner Neuproduktionen moderne Stücke und Uraufführungen, kombiniert mit den Großen des Regietheaters, mit Ruth Berghaus, Peter Konwitschny, George Tabori. In München leitete er vierzehn Jahre die vor ihm fast abgestorbene Neue-Musik-Reihe "musica viva" des Bayerischen Rundfunks und brachte sie wieder zum Strahlen, an der Deutschen Oper Berlin scheiterte er, auch an dem für die Moderne nicht so zu begeisternden Dirigenten Christian Thielemann.

Udo Zimmermann war ein angenehmer Gesprächspartner, auch wenn er in manchen Gesten und Gebärden gelegentlich arrogant wirkte. Aber er kannte so viel Musik und Komponisten! Unermüdlich, aber nie aufdringlich warb er für seine Kollegen, es war ihm eine existentielle Notwendigkeit, die Musiker seiner und unserer Zeit in eine möglichst breite Öffentlichkeit zu stellen. Dass er Partituren so wie andere Reclam-Heftchen lesen konnte, war von Vorteil. Auch dass er Politikern und Funktionsträgern das Gefühl vermittelte, dass sie wichtig für die Zukunft der Musik wären. Das schmeichelte ihnen, aber Udo Zimmermann war kein Schmeichler. Er war auch kein schreiender Revolutionär, sondern ein dezenter, aber unbeugsamer Veränderer, der immer die politischen Gegebenheiten und die konservativen Beharrungskräfte im Auge behielt. Der leise Protest, die Eindringlichkeit des normal gelebten Widerstandes: All das findet sich in seinem Meisterwerk "Weiße Rose". Jetzt ist Udo Zimmermann im Alter von 78 Jahren in seiner Geburtsstadt Dresden gestorben.

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