Nachruf auf Terry Hall:Letzte Party in der Geisterstadt

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"Die Bands spielen nicht mehr - zu viel Gewalt auf dem Dancefloor": Terry Hall, Sänger von "The Specials", ist tot. (Foto: Mark Metcalfe/Getty Images)

Terry Hall, der mit seiner Band "The Specials" die Leichtigkeit ebenso scharfsichtig besang wie den Niedergang, ist tot.

Von Jakob Biazza

Wenn der Verfall nur tief genug in die Psyche der Menschen eingesickert ist, braucht es ja nicht viele Worte. Und bitte: "This town is coming like a ghost town / All the clubs have been closed down / (...) Bands won't play no more / Too much fighting on the dance floor." Dazu das Cover: ein Skelett am Klavier - ein zweites daneben, eingesunken auf einem windigen Stuhl. Party vorbei, Menschen kaputt. Stattdessen: Skinheads, die durch die Straßen marodieren, und mit ihrer Gewalt verseuchen, was noch steht. Wahnsinnssong, den der am Montag viel zu früh gestorbene Terry Hall sich da Anfang der Achtziger mit seiner Band The Specials noch abgerungen hat - die Formation war damals selbst längst in Auflösung.

Hall und seine Band standen mit ihrem Ska, ihrem Rocksteady, ihrem Reggae, mit ihren Coverversionen von Songs wie "Monkey Man" oder "A Message to You Rudy" für Party und Leichtigkeit - und waren doch gleichzeitig die schärfsten Kommentatoren des sozialen Niedergangs. Schon allein durch ihre Zusammensetzung: schwarze und weiße Musiker vereint in einer siebenköpfigen Band und umgeben von immer mehr Hass und Rassismus.

Und mittendrin Hall, 1959 in Coventry geboren, Schulabbrecher, Teilzeit-Maurer und -Friseur. Mit zwölf Jahren war er, wie er erzählte, entführt und missbraucht worden. Sein Leben lang verfolgten ihn Depressionen. Die Musik wohl auch: ein Kampf gegen die innere Geisterstadt. 1981 verließ er die Band, gründete Fun Boy Three, war zusammen mit Dave Stewart in den Neunzigern das Duo Vegas, war Gast bei den Gorillaz, D12, bei Toots and the Maytals - also bei den besten. 2008 brachte er die Specials noch mal zurück. Deren Mitglieder meldeten nun seinen Tod nach kurzer Krankheit. 63 Jahre wurde er alt.

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