Nach dem Impfgipfel am Montag sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller zum Stand der Vakzinverteilung in Deutschland: "Man muss ehrlicherweise, Stand heute, sagen: Es wird im ersten Quartal knapp bleiben."
"Stand heute" ist eine Floskel, die derzeit von nahezu jedem Politiker in jeder Nachrichtensendung verwendet wird, aber von keinem so inflationär wie von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Der kann, "Stand heute", ein Ende des Lockdowns nicht versprechen; hat, "Stand heute", keine Erkenntnisse über Versorgungsengpässe bei FFP2-Masken; und schließt, "Stand heute", eine Kanzlerkandidatur aus.
Das Leben an sich ist ein einziger Stand heute - bis es vorbei ist
Das ist natürlich als Absicherung gegen jene hundsgemeinen Kräfte des Menschenalltags gemeint, die ständig dafür sorgen, dass etwas dazwischenkommt. In dieser Häufigkeit ist die Formulierung aber auch ein Eingeständnis kompletter Hilflosigkeit, weil ausgerechnet das, was der Mann sagt, der uns aus der Pandemie führen soll, durch den Zusatz "Stand heute" die gleiche Haltbarkeit besitzt wie der Biontech-Impfstoff bei Raumtemperatur.
Zumal das Leben an sich ein einziger Stand heute ist. Bis es vorbei ist. Weil man, Stand heute, Erdbeereis essen kann, aber morgen eben vielleicht schon nicht mehr. Eine Zumutung des Menschendaseins, an der nicht erst ein Philosoph zerbrochen ist. Weshalb es sich mit Abstand um die blödeste Formulierung der Gegenwart handelt. Stand heute.