Show:Witz ohne Worte

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Selbsthilfe: Fünf ausgebildete Musiker mit starkem Hang zur Körperkomik basteln sich mit "Släpstick" ihr eigenes Genre. (Foto: Jaap Reedijk)

"Släpstick" im Prinzregententheater verbeugt sich mit musikalischer Komik vor den Helden der Stummfilmära

Von Barbara Hordych

Während ihrer Zeit am Konservatorium waren sie die "schwarzen Schafe", erzählen die Musikkomödianten Willem van Baarsen und Ro Krauss im Vorfeld ihrer Show "Släpstick", mit der sie vom 1. bis zum 4. August im Prinzregententheater gastieren. Van Baarsen erschien nach seiner Geigenprüfung am Königlichen Konservatorium in Den Haag zur nächsten Prüfung auf einem Einrad fahrend und Posaune spielend. "Wir dürfen Ihnen dafür keine Note geben", sagten die Lehrer. "Das war das letzte Ding, das ich am Konservatorium gezeigt habe", sagt van Baarsen. Ähnlich erging es seinem Kollegen Ro Krauss, der sein Studium zwar summa cum laude am Konservatorium in Utrecht abschloss. Nach seiner Prüfung auf der Violine unterhielt er in der zweiten Prüfung die Jury fünf Minuten lang mit "Bratschenwitzen": "Ich wusste, dass in der Jury ein Russe, ein Schwede und ein Israeli saßen. Also habe ich je einen Witz in deren Landessprache vorbereitet und einstudiert", sagt Krauss. Ein großer Lacherfolg - auch er erhielt im Anschluss die Rückmeldung: Für diese Vorführung könnte man ihm leider keine Wertung geben.

Danach beschlossen sie, für immer "außerhalb der Wertung" zu bleiben, erzählen die beiden bei der Vorstellung ihres Programms im Prinzipal, wo sie neben Ausschnitten aus ihrer Show auch live aufspielen. Gleichgesinnte Musiker fanden sie in Rogier Bosman und Sanne van Delft, die ebenfalls keine Autodidakten, sondern Absolventen renommierter Konservatorien und Hochschulen ihres Landes sind. Gemeinsam gründeten sie 1997 ihre Band, zu der sich später dann auch Jon Bittman aus den USA gesellte. Sie alle verbindet nicht nur musikalische Virtuosität und Freundschaft, sondern auch die Vorliebe für Körperkomik und Größen der Stummfilmära wie Charlie Chaplin, Buster Keaton, die Marx Brothers oder Laurel und Hardy.

Aus diesen Zutaten kreierten sie schließlich ihr ganz eigenes Genre, die Show "Släpstick", eine Ode an die Stummfilmära, umgesetzt mit großem Ideenreichtum und ebensolcher Kunstfertigkeit: Innerhalb von Sekunden wechseln die Musiker zwischen Trompeten, Violinen oder Banjos hin und her, das rasante Wechsel-Spiel auf dem Instrumenten-Karussell reichern sie an mit Akrobatik, absurden Einfällen, spontaner Komik und einem Hauch von Melancholie, wenn das Quintett die Zuhörer zu Ragtimes, Dixieland und Gypsy in die Welt der Music Halls der Jahrhundertwende, Zirkusshows und Varietés führt. Erst geht es etwa in einer nostalgisch anmutenden Kulisse auf den Rummelplatz, wo Rogier Bosman als rollschuhfahrender Ballerino im Schwanentutu musiziert. Dann tanzen zwei der fünf Musikkomödianten einen projizierten Filmausschnitt von Laurel & Hardy alias Dick & Doof nach. Oder sie zeigen einen komplett selbst gedrehten Stummfilm, "The Lady And The Dog", in dem ein tanzendes Paar um Geld und Hund betrogen wird, und der Dieb schon einmal seine Posaune aus dem Film "herausreicht", wo einer seiner Kollegen sie live weiterspielt.

"Eine moderne Interpretation eines nostalgischen Mediums", sagt van Baarsen zu dem sechsminütigen Schwarz-Weiß-Werk. Durch ihre Vorbilder Charlie Chaplin, die Marx Brothers oder Laurel & Hardy hätten sie eben schon "als Kinder gelernt, dass guter Witz keine Worte braucht. Er funktioniert international, ganz ohne Sprache." Stattdessen kommen bei ihnen eine beeindruckende Anzahl von Instrumenten zum Einsatz, an einem Abend mehr als 100. "Nicht alle überleben den Auftritt", sagt van Baarsen und lacht. Kein Wunder, hauen sie sich ja auch schon einmal eine Geige über den Kopf oder funktionieren in atemberaubendem Tempo eine Posaune zur Querflöte um.

Gut nur, dass sie in ihrer Heimat ein Haus haben, in dem bestimmt 500 Instrumente lagern, vom Banjo über Trompeten bis zu Violinen, mit denen sie nach Herzenslust experimentieren. Für Nachschub ist also immer gesorgt. Zuständig für die innovativen Eigenkonstruktionen und gewagten Instrumenten-Kombinationen ist vor allem Sanne van Delft. Er ist der Tüftler in dem Quintett, das vor zwei Jahren doch eine Spitzenwertung errang: Beim internationalen Fringe Festival in Edinburgh wurden sie mit dem "Spirit Of The Fringe Award" ausgezeichnet. Denn selbstverständlich ist das, was so anarchisch wirkt, in Wirklichkeit Griff für Griff exakt aufeinander abgestimmt.

Släpstick , Donnerstag, 1., bis Sonntag, 4. August, 20 Uhr, Prinzregententheater

© SZ vom 31.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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