"Psychos" von Steven Soderbergh:Neues vom Unruheständler

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Steven Soderbergh bei der HBO-After-Show-Party der Emmy Awards in Hollywood am 22. September 2013. (Foto: Gus Ruelas/Reuters)

Von Hollywood hat sich Regisseur Steven Soderbergh ausdrücklich verabschiedet, doch er arbeitet ununterbrochen weiter. Nun hat er ein Mash-Up aus Hitchcocks "Psycho" und Gus Van Sants "Psycho"-Remake ins Netz gestellt.

Von David Steinitz

Eine der legendärsten Szenen der Filmgeschichte, geisterhaft gedoppelt: Zwei lange Messer blitzen nebeneinander auf, stechen parallel auf die zwei hübschen Mädchen unter der Dusche ein. Zweimal ihr panischer Griff an zwei Duschvorhänge, die sofort reißen. Die beiden Mädchen fallen nebeneinander in die Wanne, zweifach kreiselt ihr Blut in den Abfluss - einmal in Farbe und einmal in Schwarzweiß.

Eine verstörende Vision aus der Werkstatt von Steven Soderbergh, der sich voriges Jahr nach seinem famosen "Liberace"-Biopic in die freiwillige Frührente begeben hat, weil er, wie er mehrfach bei öffentlichen Auftritten verkündete, Hollywood und seine einengenden Arbeitsbedingungen satthabe. Dass er trotzdem ununterbrochen arbeitet - gerade hat er die TV-Mini-Serie "The Knick" abgedreht - ist bekannt, jetzt steht sein neuester Streich im Netz. Auf seiner Website extension765.com veröffentlichte er neben den dort sonst feilgebotenen T-Shirts und Filmtipps ein Mash-Up aus Hitchcocks "Psycho" und Gus Van Sants "Psycho"-Remake von 1998. Und das nennt sich konsequenterweise pluralisiert: "Psychos".

Bereits Van Sants Version war eine Art Filmfortbildung. Einstellung für Einstellung drehte und schnitt er das Original nach, um Hitchcocks Genialität eins zu eins nachzuvollziehen. Auch für Soderbergh scheint das "Psychos"-Projekt eine Filmschule in Sachen Schnittkunst zu sein. Fast in voller Länge hat er die beiden Filme abwechselnd nacheinander, übereinander und ineinander geschnitten.

Idee bereits 2005 entwickelt

Schon vor Jahren hatte Soderbergh verkündet, dass er davon träume, im Medium Film nachzumachen, was der amerikanische Musiker und Produzent Danger Mouse 2004 mit dem "White Album" der Beatles und dem "Black Album" von Jay-Z gemacht hatte: nämlich das "Grey-Album", als Ode an die Mash-Up-Kunst.

Auch die Idee, ausgerechnet die zwei "Psychos" zusammenzusampeln, hatte Soderbergh bereits 2005 öffentlich in einem Interview mit der Zeitschrift Wired entwickelt. Einziges Problem: das lästige Urheberrecht, das schon Danger Mouse eine ganze Welle an Klagen bescherte. Im kulturellen Underground, sagte Soderbergh damals, ließe sich das vielleicht machen. Aber im großen Maßstab, also nicht nur für die Kumpels daheim, ganz ohne Erlaubnis des "Psycho"-Eigentümers Universal? Nein, ins Gefängnis wolle er dann ja doch nicht.

Nun muss er entweder heimlich die Rechtefrage geklärt haben - oder der Kamikaze-Künstler Soderbergh, der die Unterhaltungsindustrie schon oft genug mit waghalsigen Distributionsstrategien und harschen Ansagen über die Dinosaurierhaftigkeit des Entertainment-Betriebs nervös gemacht hat, hat über den vorsichtigen Soderbergh wieder mal gesiegt. Das "Psychos"-Projekt jedenfalls hat er nicht näher kommentiert. Dafür brach seine Website unter dem Besucheransturm wiederholt zusammen - und bislang hat ihn Universal nicht dazu genötigt, das Video wieder zu entfernen.

© SZ vom 28.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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