Popkolumne:Radiopop für den Teufel

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Ihr neues Album windet sich durch die Finsternis ans Licht: Nika Roza Danilova, besser bekannt als Zola Jesus. (Foto: Shervin Lainez)

Neues von Zola Jesus, Joan Shelley und "The Brian Jonestown Massacre". Und dazu die Antwort auf die Frage, warum es manchmal auch schön ist, sitzen gelassen zu werden.

Von Juliane Liebert

(Foto: Label)

Joan Shelleys von leichtem Country-Wind beseelter Folkpop hat etwas von einem Stärkungsmittel für die amerikanische Seele in uns allen. Auf dass sie zwischen Fernweh und Heimatverbundenheit, Präriehorizont und Kaminwärme, Lebensfreude und Trauer um die Vergänglichkeit nicht zerreißt. "The Spur" entfaltet seine intimen Songs als farbenreiche Klangpanoramen, gerahmt von Streichern und Brass-Ensemble. Man kann das etwas zu gefällig finden und kitschverdächtig; mutmaßlich wurden auch schon sprühendere Lyrics als "Home, I see home / pushing through the trees - home" geschrieben. Und doch weckt es die Sehnsucht, durch die unendlichen Weiten des Westens zu fahren - und irgendwann vielleicht doch nach Hause zu kommen.

(Foto: Label)

Zu Hause kann dann natürlich auch die Dunkelheit sein. Tiefes Brummen, heftiges Nach-Luft-Schnappen und dann: düstere Popmusik und dunkle Euphorie. So beginnt "Arkhon". Nika Roza Danilova veröffentlicht ihre Werke seit 2009 unter dem Namen Zola Jesus. Ihr neues Album windet sich durch die Finsternis ans Licht. Dabei vollbringt es das Kunststück, trotzdem eingängig, sogar irgendwie radiotauglich zu sein. Sofern der Teufel ein Radio besitzt. Danilova, die als musikalische Einzelgängerin bekannt ist, hat zum ersten Mal in ihrer Karriere von einem frühen Zeitpunkt der Albumproduktion an mit anderen Musikern zusammengearbeitet - und zwar mit dem Produzenten Randall Dunn, der für seine Arbeit mit Sunn O))) bekannt ist. Außerdem war der Schlagzeuger Matt Chamberlain, der bereits auf Alben von Fiona Apple, Bob Dylan und David Bowie zu hören war, mit von der Partie. Der Einfluss der beiden verändert Zola Jesus Musik, ohne sie zu verfremden. Vor allem das minimalistische, eindringliche "Desire" sticht dabei heraus. Eine Klavierkomposition, die sich trotz der scheinbaren Einfachheit ihres Aufbaus diffizil mit der Komplexität von Verlust und Begehren auseinandersetzt. Manchmal ist es eben auch schön, sitzen gelassen zu werden. Wer wird denn gleich weinen.

(Foto: Label)

Und was gibt es Schöneres als Besuch von alten Bekannten, die man schon ewig kennt? The Brian Jonestown Massacre sind inzwischen vermutlich doppelt so alt wie ihr durchschnittlicher Fan - was für die Band spricht. Ihr Hit "Anemone" wird noch immer rauf und runter gespielt. Jetzt sind sie zurück mit ihrem fünften Studioalbum, aufgenommen in Berlin. Es heißt "Fire Doesn't Grow On Trees". Im Jahr 2020 veröffentlichte die Band bereits 38 Songs online. Aber kann man je zu viele BJM-Songs haben? "Fire Doesn't Grow On Trees" ist beschwingt psychedelisch und erweitert das Œuvre der Band um einige Perlen wie "Ineffable Mindfuck" und "You Think I'm Joking?". Nein, haben wir natürlich nicht gedacht. Musik ist immerhin eine ernsthafte Angelegenheit. Wir sehen uns im nächsten Jahr, BJM!

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