Als Frances McDormand vor drei Jahren ihren Oscar als beste Hauptdarstellerin für "Three Billboards outside Ebbing, Missouri" entgegennahm, nutzte sie das große Rampenlicht eines solchen Siegs und sprach sich für mehr Vielfalt in Hollywood aus. Bekannte Schauspieler, schlug sie vor, sollten in ihren eigenen Verträgen eine Klausel einfügen, die Diversität am Set fordert, vor wie hinter der Kamera.
Heute, da sie erneut als beste Schauspielerin nominiert ist, sieht es so aus, als habe ihre Kritik am jährlichen männlich-weißen Einerlei der Oscar-Nominierten gefruchtet. McDormand könnte für ihre Rolle in "Nomadland" als Witwe, die im Wohnmobil durch die USA reist, ausgezeichnet werden. Ihre Regisseurin, Chloé Zhao, ist für die beste Regie nominiert, was nicht nur für die Repräsentation der Frauen Bedeutung hat, sondern auch wegen ihrer chinesischen Herkunft.
Sie tritt gegen Thomas Vinterberg ("Der Rausch") an, David Fincher ("Mank") und Lee Isaac Chung ("Minari") - und gegen eine weitere Frau: die Engländerin Emerald Fennell für "Promising Young Woman". Ein Film über eine Frau (Carey Mulligan), die sich an Männern rächt, die die Wehrlosigkeit betrunkener Frauen für Sex ausnutzen. Zwei Frauen, nominiert für die beste Regie: Das hat es in der Geschichte der Oscars noch nie gegeben - die überhaupt erst sieben Frauen im Fach Regie eine Chance gaben, Zhao und Fenell inklusive. Ihre Filme sind beide auch in der Kategorie bester Film im Rennen.
So viel Vielfalt war überhaupt noch nie. In den Schauspielkategorien sind neun Schauspieler nicht-weißer Hautfarbe nominiert, darunter Riz Ahmed in "Sound of Metal" als Schlagzeuger, der sein Gehör verliert, Viola Davis als Blues-Diva in "Ma Rainey's Black Bottom", Andra Day als Billie Holiday in "The United States vs. Billie Holiday". Steven Yeun, der in "Minari" einen Koreaner spielt, der sich mit seiner Familie in Arkansas niederlässt, um eine Farm aufzubauen, ist der erste asiatisch-amerikanische Schauspieler, der in dieser Kategorie auf einen Oscar hoffen darf.
Wie erwartet wurde Chadwick Boseman ("Black Panther") für seine Darstellung eines ambitionierten, mit dem Rassismus der Dreißigerjahre ringenden Musikers in "Ma Rainey's Black Bottom" posthum für einen Schauspiel-Oscar nominiert. Boseman war im Sommer 2020 im Alter von 43 Jahren für die Öffentlichkeit überraschend an Krebs gestorben. Mit der posthumen Nominierung steht er in der Folge von James Dean, Heath Ledger und nur fünf weiteren Schauspielern, denen diese Ehre nach ihrem Tod zuteil wurde.
Die Oscar-Academy hat die Zahl ihrer Mitglieder stark erhöht
Die Academy of Motion Pictures, die die Oscars vergibt, hat in den vergangenen Jahren viel getan, um zu mehr Vielfalt bei den Oscar-Preisträgern zu kommen. In mehreren Aufnahmeschwüngen wurde die Zahl der Mitglieder, die für die Oscars abstimmen, stark erhöht - mehr Frauen, mehr Angehörige von Minderheiten und Filmschaffenden aus anderen Ländern als den USA. Das Frustrierende war aber bisher, dass das wenig daran änderte, dass überwiegend weiße Männer ausgezeichnet wurden. 2020 war dann eine erste Wende zu erkennen, als der südkoreanische Film "Parasite" den Oscar für den besten Film gewann. Im Corona-Jahr 2021 sieht die Oscar-Welt nun tatsächlich wirklich anders aus.
Der Favorit unter den Nominierten ist mit der Netflix-Produktion "Mank" allerdings ein recht klassischer Oscar-Kandidat: eine Hommage an das goldene Zeitalter von Hollywood, die Dreißigerjahre, gedreht in Schwarz-Weiß. David Finchers Film handelt vom legendären Drehbuchautor Herman "Mank" Mankiewicz, der sich an die Spitze von Hollywood kämpfen will, dabei aber immer wieder von seiner Trink- und Spielsucht aufgehalten wird. Gary Oldman ist für die titelgebende Hauptrolle nominiert, Amanda Seyfried für die beste weibliche Nebenrolle.
In der Kategorie "Bester Film" sind außerdem nominiert: das Demenzdrama "The Father" mit Anthony Hopkins, "Judas and the Black Messiah" über die Black-Panther-Party, "Minari", "Nomadland", "Promising Young Woman", "Sound of Metal" und "The Trial of the Chicago 7", Aaron Sorkins Film über einen historischen Gerichtsprozess gegen Vertreter der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung.
Deutsche Oscar-Hoffnungen wurden in diesem Jahr weitgehend enttäuscht: "Und morgen die ganze Welt" von Julia von Heinz schied schon in einer vorherigen Stufe aus dem Nominierungsprozess aus. Die Nachwuchsschauspielerin Helena Zengel aus "Neues aus der Welt" war zwar für einen Golden Globe nominiert, bei den Oscars hat es aber nicht gereicht. Eine deutsche Beteiligung gab es an "The Man who sold his Skin", dem für Tunesien als bester fremdsprachiger Film nominiert ist, an dem Drama "Quo Vadis, Aida?", das für Bosnien-Herzegowina in derselben Kategorie nominiert wurde, sowie an der Dokumentation "Kollektiv - Korruption tötet", ebenfalls als bester fremdsprachiger Film nominiert sowie in der Sparte der besten Dokumentation. Ein ähnlicher Doppelschlag gelang "Der Rausch", der nicht nur in der Sparte Regie, sondern auch in der Fremdsprachenkategorie für Dänemark im Rennen ist.
Die Oscars werden am 25. April in Los Angeles vergeben - wegen der Corona-Pandemie etwa zwei Monate später als üblich.