Netz-Depeschen:Im Bilde

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Wer bin ich, und wenn ja, wie viele? Mit Bildsuchmaschinen können egoman veranlagte nun nicht nur ihren Namen, sondern auch ihr Porträt im Internet suchen. Das Web soll damit ordentlicher werden.

Franziska Schwarz

Das Internet kann jetzt aufgeräumt werden. Eine neuartige Form von Suchmaschinen stellt fest, wie oft und wo ein bestimmtes Bild im Netz verwendet wird. Dienste wie TinEye weisen somit jedem Bild eine Herkunft zu.

Wer nicht will, dass etwa sein Facebook-Foto von den Bildsuchmaschinen erfasst wird, kann sein Profilbild kopfüber posten - da kommt der Suchalgorithmus derzeit nicht weiter. (Foto: ddp)

Der Zweck dieser Suche ist nicht neu, die Methode schon: Die Tools funktionieren ganz ohne Worte. Sie benötigen kein Stichwort, sondern einfach nur ein weiteres Bild. Es reicht, eine Datei hochzuladen oder eine Webadresse einzutippen. Die ermittelten Bilder stimmen mit dem Ursprungsbild überein und unterscheiden sich nur in der Auflösung, dem Ausschnitt oder der Nachbearbeitung. Ob hier und da das Bildbearbeitungsprogramm Photoshop am Werk war, soll die Suche angeblich nicht beeinträchtigen.

Eine solche Suche nützt erst einmal Firmen oder Künstlern, die den Aktionsradius ihres Logos einschätzen oder ihre Urheberrechte schützen, und Usern, die keine Rechte verletzen wollen. Doch es sind die unbeteiligten Dritten, die aus der Rückwärtssuche mehr rausholen. So klärten die Leser eine britische Boulevardzeitung darüber auf, dass die Monsterschlange, die einem Bericht zufolge in einem Fluss in Brunei geknipst wurde, auf einem ganz anderen Kontinent aufgenommen wurde - als Pixelstörung.

Die Suchergebnisse muss der User allerdings nach Wahrscheinlichkeitslogik und Gefühl beurteilen, danach, wie überzeugend Kontext und Quelle sind. Erstveröffentlichung im Internet muss nichts heißen; was zuvor offline passiert ist, wissen wohl nur Urheber (oder Dieb) selbst. Mancher jubelt schon, dass mit der Rückwärtssuche sogar Werke ohne bekannten Urheber wieder zugeordnet werden können.

Doch zunächst will TinEye feststehende Rechte schützen, und bittet um die Einreichung von Bildsammlungen - allerdings nur um solche mit einer Mindestgröße von einer Million, einer Größe, bei der so manche Sammlung selbst keine vollständig abgeklärten Urheberrechte haben dürfte.

Andere Bildsuchmaschinen arbeiten weniger streng - und finden viel mehr heraus. Gazopa spürt keine deckungsgleichen Bilder auf, sondern solche, die dem Ausgangsbild in Farbe und Form ähneln. Demnach hat die Sängerin Lady Gaga ziemlich viel von Konfuzius, einer Grille und einer Jugendherberge, letzteres sogar zu 48 Prozent, wie Gazopa errechnet, und man versteht das das angesichts der Bilder sofort. Ganz ohne Worte.

Doch ganz ohne Worte oder Begriffe fühlen sich zumindest die Nutzer des Nebenprojekts Gazopa Bloom nicht wohl. Sie laden zwar Blumenfotos hoch und durchsuchen die Datenbank nach ähnlichen Blüten, verteilen dann aber doch wieder Stichworte: den lateinischen Namen, das Wuchsgebiet, die Blütezeit. Auch eine selbst hingekritzelte Blume erzielt bei der Gazopa-Suche Treffer, so dass ein User, der sich vorher nur "lila und fluffig" vorstellen konnte, hinterher weiß, dass um die Ecke Ageratum houstonianum wächst.

Damit hätten die Bildsuchmaschinen in den Naturfreunden ihre Early Adopters gefunden - und in jenen Nutzern, die es interessiert, wem sie ähnlich sehen. Oder solchen, die prüfen wollen, ob Fotos von ihnen im Netz die Runde machen. Wer bin ich, und wenn ja, wie viele? Die Frage kann in Bezug auf das Internet dann wohl beantwortet werden.

TinEye verkündet, dass es seine Datenbank seit der Gründung 2008 auf über 1,4 Milliarden Bilder vergrößert hat, ständig greift der Dienst auf mehr Webseiten zu, mit denen er die Suchanfragen abgleicht. Manch Nutzer wünscht sich von TinEye, auch Facebook für die Suche zu erschließen. Wer sich zwar im Netz, aber noch lange nicht TinEye zeigen will, kann sein Profilbild kopfüber posten - da kommt der Suchalgorithmus derzeit nicht weiter.

© SZ vom 19.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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