Nein, ich bin nicht hässlicher als Ronja von Rönne. Und ich verbitte mir von vornherein jegliche Schmähkritik in diese Richtung. Ich will nur vorbeugen: Gegnern von Feminismus-Kritikerinnen weiblichen Geschlechts wird nur zu gerne vorgeworfen, sie seien wohl hässlich und deshalb neidisch auf Frauen, die es besser wüssten. Die wüssten, dass sie mit Feminismus heute beileibe nicht mehr punkten könnten.
Eine solche junge Frau ist die Kollegin Ronja von Rönne. In ihrem vielbeachteten und vieldiskutierten Beitrag für die Welt mit der Überschrift "Warum mich der Feminismus anekelt" hat sie sich nicht nur Freunde gemacht. Das wusste sie vorher schon, denn sie ist nicht dumm, sie schrieb auf Facebook: "Ich warte auf die Twitterwelle."
Auf das Ausmaß der Welle war sie aber wohl nicht gefasst, denn nun hat sie ihren Blog ("Sudelheft") eingestellt. Von "Morddrohungen" ist die Rede, wobei sich diese bei genauerer Betrachtung nicht unbedingt als solche herausstellt, sondern genauso gut als rein ironische Anspielung auf ihren Namen verstanden werden kann. Und somit im Bereich der Wortspiele bliebe, die von Rönne selbst ganz gut beherrscht, weshalb sie nun auch für den Bachmann-Preis vorgeschlagen wurde. Also mal wieder nur ein Sturm im Wasserglas, der Fall Rönne, ein überflüssiger Shitstorm der empörungsverliebten medialen deutschen Öffentlichkeit?
Was tun, wenn einen ein für andere wichtiges Thema langweilt?
Nicht ganz. Von Rönnes Beitrag, den ihr Ressortleiter im Feuilleton der Welt sich im Nachgang noch bemühte einzureihen in eine Vielfalt von Debattenbeiträgen zum Thema Feminismus (wobei drei von vier Beiträgen gegen Feminismus sind und der Ressortleiter selbst noch einmal betont, wie sehr ihn das Thema langweilt), ist ein zu gutes Beispiel dafür, wie erfolgreich der Feminismus ist - und wie gefährlich. Und wie gefährdet zugleich.
Rönne schreibt: "Ich habe einfach selbst noch nie erlebt, dass Frausein ein Nachteil ist." Das ist ganz wunderbar. Genau so war das auch gedacht, von den ekligen Feministinnen, damals, zur Zeit der fiesen lila Latzhosen. Das Problem ist nur: Das hatte ich mit Anfang 20 auch noch nicht, das fing erst mit Anfang 30 an. Seitdem weiß ich, was ich aber früher schon ahnte: Die gläserne Decke spürt man nicht, bis man sie eben spürt.
Bis man sich als berufstätige Frau nebenher oder zweitjobmäßig um die Familie kümmert, während Männer das nach wie vor viel weniger tun. Bis man durchschaut, wie männliche Kollegen ganz selbstverständlich Ego-Netzwerke schmieden, wovor Kolleginnen eher zurückschrecken. Bis man das Ausmaß durchschaut, in dem nach wie vor fast ausschließlich Männer an den Hebeln der Macht sitzen, und nur vereinzelt Frauen, die sich diesen immer noch männlichen Machtstrukturen anpassen. Bis man sich verwundert umguckt, die Augen reibt, und sich und seine Freundinnen fragt: Leben wir wirklich schon im 21. Jahrhundert, waren diese Kämpfe nicht alle schon mal durchgefochten? Wir sind doch völlig gleichberechtigt aufgewachsen, zumindest dachten wir das. Was hat uns alle denn so zurückgeworfen, dass wir allen Ernstes über eine Frauenquote diskutieren müssen?