"Easy", also lässig, angenehm, im weiteren Sinn auch nett und gut gelaunt - in Sachen Pop handelt es sich bei diesem Urteil um ein vergiftetes Lob. Zu sehr wird dadurch die Erinnerung an eine besonders schale Pop-Episode evoziert: an die mit "Easy Listening" beschallten "Lounges", die Ende der neunziger Jahre aufkamen und bis heute nicht verschwunden sind. Das Perfide an "Easy Listening" war, dass die einzelnen Songs, die in diese Schublade gesteckt wurden, für sich genommen oft über alle Kritik erhaben waren.
Das neue Album The Bird and the Beat, das der Gomma-Label-Mitbetreiber Mathias Modica vorlegt, ist auf bestechende Weise konsequent. Der Erfolg des Labels, das es seit über zehn Jahren gibt und das in seiner Heimatstadt München genau so gefeiert wird wie in Marseille oder São Paulo, besteht darin, dass es einen barrierefreien Zugang zum nächtlichen Exzess gewährt.
Jazz konnte genau so Easy Listening sein wie Bossa Nova, Morricone-Soundtracks genauso wie Funk oder instrumentaler Hip-Hop. Das den Songs Gemeinsame war, dass sie angenehm und bruchlos dahinplätscherten, dass man damit problemlos jede Afterwork-Cocktailrunde beschallen konnte. Das ist es auch, was Easy Listening heute so unangenehm erscheinen lässt: Es ist der Soundtrack der cleanen und langweiligen neunziger Jahre, der zugekoksten Jungmanager und Internetblasen.
Das alles muss vorausgeschickt werden, will man die Irritation beschreiben, die die ersten Takte des neuen Albums "The Bird and the Beat" der Münchner Disco-Combo Munk (Gomma) auslösen. Zu hören ist nämlich so ein typisches "Easy-Listening-Arrangement": Ein E-Piano improvisiert eine kleine Einleitung, ein Jazz-Crooner raunt darüber denkbar lässig: "one two, one two, can I have your Attention please". Das hat zwar schnell ein Ende, und Easy Listening im eigentlichen Sinn ist im weiteren Verlauf des Albums auch nicht zu hören. Das Intro kann aber doch programmatisch verstanden werden. Es will sagen: Achtung, jetzt wird es easy, jetzt kommt gute Laune. Und dieses Versprechen wird gehalten.
Das Album, das der Gomma-Label-Mitbetreiber Mathias Modica vorlegt, ist auf bestechende Weise konsequent. Der Erfolg des Labels Gomma, das es seit über zehn Jahren gibt und das in seiner Heimatstadt München genau so gefeiert wird wie in Marseille oder São Paulo, besteht darin, dass es einen barrierefreien Zugang zum nächtlichen Exzess gewährt. Verirrt sich ein Nicht-Fachkundiger auf der Suche nach Vergnügen in einen typischen Techno-Club, wie man sie aus Berlin kennt, wird er nur wenig Spaß haben. Zu brachial und abstrakt ist die Musik, als dass man sofort verstehen würde, was man damit anfangen soll. Gerät er hingegen auf eine Gomma-Party, wird er sofort umfangen aus einer gut gelaunten Mischung aus vergessenen Hits, lustigen Skurrilitäten und schwitziger House-Musik. Die Botschaft ist denkbar einfach: Es geht darum, eine möglichst angenehme Nacht zu verbringen.
Das ist auch das Konzept des neuen Munk-Albums. Beim Vorgänger "Cloudbuster" beschritt Modica 2008 noch einen ganz anderen Weg. Im Kontrast zum Gomma-Party-Programm wurden hier psychedelische, an Filmmusik orientierte, verschachtelte Songs gespielt. Für "The Bird and the Beat" hingegen könnte das in der iTunes-Bibliothek angegebene Genre lauten "Easy Dancing".
Wieso sich Munk immer auf der guten, also auf der interessanten Seite befindet, liegt an einem einfachen Rezept: Die Musik ist - im Gegensatz zu dem Happy-Gedudel, das 90 Prozent der Pop-Produktion ausmacht - niemals glatt, sauber und steril. Der typische Munk-Sound ist immer etwas dreckig, hat immer etwas typisch Verschlagenes und Schlawinerhaftes, und reiht sich damit in die beste Münchner Bohème-Tradition ein.
Lesen Sie auf Seite 2, wie Mathias Modica sich zu einem Duett hinreißen lässt.