München:Oben und unten

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Das Theater Undsofort spielt "Fräulein Julie"

Von rihi, München

Der Saum der grünen Samtrobe fegt über den roten Teppichboden hinweg, Fräulein Julie steht stolz in der gräflichen Küche. Ihre Haushälterin Jeanne ist empfänglich für den Charme Julies - obwohl sie eigentlich dem gutmütigen Koch Christian versprochen ist. Schon bald aber verführt Jeanne ihr Fräulein.

Der Regisseur und Leiter des noch immer heimatlosen Theaters Undsofort, Heiko Dietz, ergänzt Strindbergs "Fräulein Julie", der das Machtverhältnis zwischen den Klassen um 1880 auslotet, um einen weiteren Konflikt: Aus der ursprünglich heterosexuellen Liebelei zwischen Julie und ihrem Diener macht Dietz eine lesbische Liebesgeschichte zwischen Julie und Jeanne. Teresa Sperling beherrscht als Jeanne die ganze emotionale Palette von ungestüm leidenschaftlich bis schroff und kaltblütig. Dagegen verblasst die eigentlich sehr theatralisch angelegte Julie, gespielt von Isabelle Cohen, in eine verängstigte und verhaltene Figur. Pablo Nina als Jeannes Verlobter Christian, unbehelligt von den perfiden und hinterlistigen Manövern Julies, ist unbeirrbar Pol in seinem Gutmenschsein.

Dietz' Adaption verkompliziert die Handlung zwar, macht sie aber aktueller. Auch wenn es heute keine Herren und Diener wie 1880 mehr gibt, bleibt doch der Konflikt zwischen sozialen Schichten bestehen. Dietz zeigt, dass die Unterscheidung zwischen oben und unten, reich und arm eine zeitlose ist und dass daran auch die Tatsache nichts ändert, dass sich hier zwei Frauen lieben. Der begrenzte Raum und die reduzierte Ausstattung auf der Bühne des Theaters im Fraunhofer unterstreichen das intime Zusammenspiel zwischen den drei Schauspielschulabgängern. Es werden vorerst die letzten sein, denn die Produktion ist auch ein Abschied: Nach mehr als 13 Jahren gibt Dietz die Schauspielschule Theaterraum München vorerst auf.

Fräulein Julie , Samstag, 28. Juli, 20.30 Uhr, Theater im Fraunhofer

© SZ vom 27.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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