Mode:Wie sich Anzüge fürs Büro verändern

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Der Anzug ist der große modische Verlierer der Coronakrise - "und wird sich auch nie wieder davon erholen", sagt Carl Tillessen, Trendanalyst beim Deutschen...

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Köln/Berlin (dpa/tmn) - Der Anzug ist der große modische Verlierer der Coronakrise - „und wird sich auch nie wieder davon erholen“, sagt Carl Tillessen, Trendanalyst beim Deutschen Modeinstitut.

Eine gewagte These - aber eine nachvollziehbare nach all den Monaten, in denen Bürojobs mehrheitlich im Homeoffice erledigt wurden. Daheim am Küchentisch sitzend, wo Kunden und Arbeitskollegen einen nur vom Oberkörper abwärts in Video-Calls sahen. Wenn überhaupt.

Die ersten Auswirkungen dieser neuen Arbeitssituation sind nun im Handel zu sehen: Designer und Modelabels lassen Jogginghose oder Kapuzenpulli zum Blazer oder Jackett tragen. „Der Trend geht ganz klar ins Legere“, sagt die Stilberaterin Lisa Zimmermann aus Berlin.

Zwischen entspannt und sportiv

Was heißt das konkret? Bei der Frauenmode gibt es bei den Blazerkombinationen eine Entwicklung zu den weiten Schnitten und zu einer Ergänzung um sportliche Elemente. Etwa um die Jogginghosen. Aber man darf hier nicht die ollen Buxen von der Couch oder die auch nicht immer stilvollen Modelle zum Joggen über Felder erwarten.

Es gibt seit Längerem schon sehr schicke Exemplare für den Alltag. Sogar in den klassischen Schnitten einer Anzughose, zum Beispiel mit Bundfalten. „Wenn sie mit schönen Stoffen von Blazern kombiniert werden, können Jogginghosen sogar edel aussehen“, sagt Zimmermann daher. Unter dem Blazer rät sie Frauen zum T-Shirt oder Seidentop.

Einhergehend mit der Kombination mit den bequemen Jogginghosen nutzen die Designer verstärkt auch gemütliche Stoffe für Anzug- und Blazerkombinatinen. Das ist zwar nicht neu, denn gerade hochwertige Anzüge sind längst bequemer als so manche Jeans. Nun aber gibt es auch viele Modelle aus Jersey- und Strickstoffen.

Der (Krawatten-)Knoten platzt

Aber auch die Männeranzüge verändern sich. „Der Knoten ist geplatzt“, kommentiert Modeanalyst Tillessen diese Entwicklung. Und das kann man wörtlich nehmen: „Die Krawatte ist total out“, sagt Stilberaterin Zimmermann. Dafür aber werde gerne noch zum Einstecktuch gegriffen, auch wenn Zimmermann betont, dass die klassische Anzug-Accessoires eigentlich nur noch zu formalen Anlässen angezogen werden.

Tillessen sieht das ähnlich. Seine „elegante Alternative zu Hemd und Krawatte“: Ein wertiges Strickpolohemd unter dem Anzug, dazu schlichte Sneaker. Oder man trägt nur noch das Hemd zur Anzughose.

Auch die Männeranzüge sind weiter geschnitten als noch vor einigen Jahren. Dadurch könnten Männer überhaupt erst problemlos Kapuzenpullover unter ihren Sakkos tragen. „Das wäre früher technisch gar nicht möglich gewesen, weil die Anzüge so eng geschnitten waren, dass ein Pullover gar nicht drunter gepasst hätte“, sagt Tillessen. Und das ist nicht mal eine auffällige Kombination. Diese Rolle nehmen stattdessen Schlaghosen oder Baggypants zum Sakko ein.

All diese Entwicklungen aber sind erst mal Sache der Mode - und jener Arbeitnehmer und Freischaffenden, die sie auch wirklich tragen können. Es gibt nach wie vor Unternehmen, in denen es eine Pflicht zur klassischen Anzugkombination gibt - auch wenn diese bereits in den vergangenen Jahren häufig etwas gelockert wurden. Doch inwieweit Jogginghosen und Kapuzenpulli sich unterm Blazer oder Jakett in Banken und Versicherungen durchsetzen lassen, wird sich erst noch zeigen.

© dpa-infocom, dpa:210913-99-203386/2

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