Little Britain:Lagerbier mit Limo-Finish

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Wer gutes Lager-Bier mit Limo mischt, kommt bei Barkeepern nicht gut an. (Foto: iStockphoto/Maxim Ahner)

Der stets erstaunliche G. macht seinem Namen mal wieder Ehre, indem er einen ungewöhnlichen Getränkemix ordert. Der Barmann schaut angewidert, das Feuer prasselt im Kamin - und die unendliche Wohnungssuche in London scheint nur einen zu interessieren.

Von Christian Zaschke, London

Vermutlich täusche ich mich, aber es beschleicht mich allmählich das Gefühl, dass der stets erstaunliche G. an den detaillierten Schilderungen meiner unendlichen Wohnungssuche nicht mehr ganz so brennend interessiert ist wie am Anfang. "Eine halbschöne Wohnung mit semidichten Fenstern, die nicht am Ende der Welt liegt. Das ist doch nicht zu viel verlangt", sagte ich. G. nahm einen Schluck Camden Lager, das er mit einem Schuss weißer Limo hatte schänden lassen. Der Barmann hatte zu Recht angewidert geschaut, als G. um das Limo-Finish bat. Aber das ficht ihn nicht an.

Ich erzählte G., dass ich gern eine Dusche hätte, bei der ich das Wasser nicht eine halbe Stunde lang mit Strom aufheizen muss. Dafür würde ich sogar etwas mehr Miete bezahlen, denn allein von den Stromrechnungen für meine jetzige Wohnung lässt sich ganz Unna monatelang hell erleuchten. Vielleicht einen klitzekleinen Balkon, sagen wir: so groß wie eine aufgeschlagene Zeitung. Oder ein handtuchgroßes Fleckchen Garten. Muss nicht sein, wäre aber schön. Und das Ganze, bitte, bitte und nochmal bitte: nicht im Untergeschoss. "Das ist alles, was ich will", sagte ich.

"Mmmmmmmh", sagte G., nachdem er erneut an seinem limonisierten Bier genippt hatte. Ich trank ein Camden Lager ohne Limo. Mit vollem Namen heißt es Camden Hells Lager. Es wird von der Camden Town Brewery hergestellt und gehört zu den besten Lager-Bieren Londons. Wir saßen im Garden Gate, einem Pub im Nordwesten, der über semidichte Fenster und einen Kamin verfügt, in dem in diesem Jahr auch im April noch ein Feuer brennt. Die meisten Leute im Pub tranken schweigend ihr Bier. Manche unterhielten sich gedämpft. "Die Makler zeigen mir jetzt nicht mal mehr die Wohnungen, die man auf ihren Internetseiten sieht", sagte ich, "gibt's das?" Das Kaminfeuer prasselte.

Die Camden Town Brewery wurde 2010 gegründet. Es ist eine kleine Brauerei, die an diesem Samstag ein Fest feiert, in 55 Wilkin Street Mews. Leckeres Bier, Essen unter anderem von Big Dirty Burger und Dogfather Diner. Ich stelle mir die Brauer als lässige Typen vor, die sich in Kettensägenmörder verwandeln würden, wenn sie wüssten, was G. mit ihrem Bier anstellt. Aber das ficht ihn nicht an.

"Auf den Fotos sieht man lichtdurchflutete Räume im Obergeschoss, und bei der Besichtigung stehen wir dann doch wieder im Keller", erzählte ich. G. starrte ins Feuer. "Ich glaube, dass die Makler sich über mich lustig machen", sagte ich. G. hob sein Glas, leerte es in einem Zug, hielt es hoch wie eine Trophäe und sagte: "Wirklich eine verdammte Schande, dieses herrliche Bier mit Limo zu verdünnen."

© SZ vom 13.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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