Little Britain:Deutsch für Fortgeschrittene

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Der Großbritannien-Korrespondent der "Süddeutschen Zeitung" hat ein Problem: Der Name seiner Zeitung wird dort für ein zufällig aus der Buchstabensuppe gefischtes, psychedelisches Arrangement gehalten. Doch ein britischer Kollege umschifft das Problem elegant.

Christian Zaschke

Der wirklich einzige Nachteil daran, bei der wunderbaren SZ zu arbeiten, besteht im hartnäckigen Beharren der Buchhaltung darauf, dass auf den eingereichten Hotelrechnungen der vollständige Name der Zeitung samt Adresse steht. Im Ausland hält man "Süddeutsche Zeitung" jedoch für ein zufällig aus der Buchstabensuppe gefischtes, psychedelisches Arrangement.

Der babylonischen Sprachverwirrung ist Einhalt zu gebieten. (Foto: DPA/DPAWEB)

Aussprechen kann das Ganze niemand. Die an Hoteltresen im angelsächsischen Raum übliche Variante ist ein zögerlich vorgetragenes "Suud-Dittsch Sieeetang", worauf ich meistens aufmunternd sage: "Sehr gut. Fast perfekt."

Wenn ich den Rezeptionisten den Namen aufschreibe, damit sie ihn abtippen können, steht auf der Rechnung ein Worthaufen, hinter dem ich einen chinesischen Bärenhandel oder eine nordkoreanische Untergrundorganisation vermuten würde. Wenn ich die Rezeptionisten bitte, den Namen Buchstabe für Buchstabe von meiner Visitenkarte abzutippen, steht da im besten Fall: Snedentshe Zeutmg. In solchen Fällen sage ich: "Danke, das ist nah genug dran."

Diese Woche sprach ich mit einem Kollegen einer englischen Tageszeitung. Wir unterhielten uns gut, dann fragte er, für wen ich arbeite. Ich nannte ihm den Namen. "Ah", sagte er erfreut, "der Spiegel?" Kein schlechter Witz, dachte ich, fast subtil.

Ich lächelte ein schönes Lächeln. Der Kollege lächelte ebenfalls. Ich gab ihm meine Visitenkarte. Er zeigte auf das psychedelische Arrangement aus der Buchstabensuppe und wollte wissen, was es damit auf sich habe. Ich sagte es ihm. Der Kollege lächelte daraufhin das Lächeln, mit dem man chinesische Bärenhändler abschüttelt und verwickelte sich rasch in ein Gespräch mit der Frau von der Times.

Am vergangenen Sonntag sind zwei Panda-Bären in Schottland eingetroffen. Die Schotten haben sie für zehn Jahre (und für irre viel Geld) bei den Chinesen ausgeliehen, weil im Zoo von Edinburgh nichts mehr los war. Eine Dudelsack-Band sorgte dafür, dass die Pandas gleich wussten, dass sie tatsächlich in Schottland gelandet waren. Es regnete, es war kalt, die Band trug Kilts (und vermutlich nichts drunter). Die Dudelsäcke dröhnten, ein tiefes "Süüüd- düüttsch" war der Grundton, und es wäre etwas arg zugespitzt, wenn ich behaupten würde, die Melodie habe wie "Zeitung" geklungen, aber manchmal klang sie doch immerhin wie "Sieeetang".

Die Pandas schauten die Schotten an und hörten zu. Ihr Gesichtsausdruck glich aufs Haar dem eines angelsächsischen Hotel-Rezeptionisten, den ich eben gebeten habe, jetzt noch schnell "Hultschiner Straße" auf die Rechnung zu schreiben.

© SZ vom 10.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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