"Le Mans 66" im ZDF:Der Fürst und der Ford

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"Le Mans 66": Ein Rennfilm, der eine Freundschaft beschwört, die auf Geschwindigkeit vertraut.

Von Fritz Göttler

Ferrari war nicht persönlich in Le Mans im schicksalhaften Jahr 1966, als die Pistenherrschaft seiner Wagen unterbrochen wurde - das ist der große historische Betrug, den James Mangolds filmische Version, die davon erzählt, sich leistet. Mangold hat ihn dennoch nachdrücklich dort platziert, am Rand der Rennstrecke, er hätte es einfach nicht verkraften können, auf den Mann und seine Frau und seinen Jungen zu schneiden, die am Telefon oder am Radio dem Rennen folgen. "Sorry, history!"

Bei dem 24-Stunden-Rennen im französischen Le Mans zählt nicht die individuelle Leistung der Fahrer, sondern die Marke, der Wagen wird getestet. Das Auto, das am längsten, am weitesten kommt, am längsten durchhält. "Ford v Ferrari" ist der Originaltitel von Mangolds Film, er benennt die ursprüngliche Konfrontation, um die es geht, den Clash, der die vertrauten Szenen und Strukturen eines puren buddy movie heftig deformiert. Es ist ein erbitterter Krieg, in den die Konstrukteure und Fahrer sich hier begeben.

Ford ordert einen Siegerwagen, und der Mann, der ihn bauen und promoten soll, ist Carroll Shelby (Matt Damon). (Foto: Fox/Disney)

Jahrelang haben in den Sechzigern Wagen von Ferrari das legendäre Le Mans für sich entscheiden, die Überlegenheit der italienischen Marke dokumentiert. Der amerikanische Autoriese Ford hatte das Nachsehen. Das soll sich nun ändern, auch weil es letzten Endes den Absatz fördern kann. Ein Prestigeprogramm, das dem Firmenchef von seinen PR-Bonzen eingeredet wird. Das natürlich erst mal gehörige Investitionen verlangt, und die richtigen Leute, die es durchziehen können. Individualisten, aber mit Respekt vor dem Teamplay. Die mit Anpassung umgehen können.

Man muss die perfekte Runde fahren, erklärt Ken mal seinem Sohn, und das so oft wie möglich

Ferrari in Europa, das bedeutet Grandezza und Distinktion. Ford ist hässlicher amerikanischer Großkapitalismus. Ferrari darf, anfangs, der noble, selbstbewusste Autokrat sein, der kooperationswillig sein könnte, wenn es um den Markt geht, aber nicht, wenn das Selbstbewusstsein auf dem Spiel steht. Ein Abducken vor dem amerikanischen Rivalen kommt für Ferrari nicht infrage, als Konstrukteur, als Italiener, als Mann. Henry Ford disqualifiziert er mit rüder Direktheit, der zehre zwar vom Ruhm des Firmengründers, aber er ist nun mal nur Ford II.

Also ordert Ford einen Siegerwagen, und der Mann, der ihn bauen und promoten soll, ist Carroll Shelby (Matt Damon), einst selbst ein erfolgreicher Fahrer, dann wegen Herzschwäche nur noch als Konstrukteur mit seiner Firma Shelby American tätig (und bekannt für seine legendären Shelby-Cobra-Konstrukte). Neunzig Tage hat er sich als Zeitraum gesetzt, und einen Fahrer hat er auch schon, der auf den Wagen hört, der ihm anvertraut wurde, ihn kennt, als wäre es sein eigener Körper, ihn verbessert durch kleinste Details und immer selbst Hand anlegt, ein absolutes Vertrauensverhältnis. Das ist der Buddy-Brite Ken Miles, der von den fiesen Schranzen, die am Hofe von Henry Ford II. ihre Intrigen spinnen, erst mal ausgebootet wird und nicht starten darf. Der Wagen ist der Ford GT40, der für einige Jahre die Rennen von Le Mans bestimmen wird. Man muss die perfekte Runde fahren, erklärt Ken mal seinem Sohn, und das so oft wie möglich.

Christian Bale spielt den Rennfahrer Ken Miles im Ford GT40. (Foto: Fox/Disney)

Christian Bale ist Ken Miles, ein brutaler Wechsel von seinem gedrungenen Dick Cheney in "Vice". Ken ist von stolzer Hagerkeit, kantig und unbeherrscht, ein sanfter Vater. In Hollywood war man immer Feuer und Flamme, wenn es darum ging, Rennfahrer zu verkörpern, Steve McQueen und Paul Newman waren dabei, Kirk Douglas oder James Caan, die Regisseure Howard Hawks und John Frankenheimer waren wild auf Rennfilme. Das Prinzip des Kinos steckt in ihnen, das Ineinander von grenzenloser Dynamik und Zirkularität. Mehrfach überschreitet in "Le Mans" Ken Miles die rote Drehzahllinie 7000 - damit erweist der Film seine Reverenz an Hawks' glorreichen "Red Line 7000", immer wieder bestimmen der Sonnenuntergang und die Nacht die Bilder.

Le Mans 66 - Gegen jede Chance, ZDF, 20.15 Uhr.

© SZ vom 15.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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