Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Aufgeben kommt nicht in Frage

Lars von Trier legt mit "Nymphomaniac 2" seinen zartesten und spielerischsten Film vor und das Animationsabenteuer "Rio 2" stimmt holprig, aber voller Ideen auf die Fußball-WM in Brasilien ein. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

1 / 11
(Foto: dpa)

Lars von Trier legt mit "Nymphomaniac 2" seinen zartesten und spielerischsten Film vor und das Animationsabenteuer "Rio 2" stimmt holprig, aber voller Ideen auf die Fußball-WM in Brasilien ein. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht. Von den SZ-Kinokritikern. Auge um Auge Christian Bale arbeitet im Stahlwerk in Pennsylvania, gelegentlich fährt er zur Hirschjagd in die Berge. Casey Affleck, sein Bruder, hat schon drei Runden im Irak hinter sich. Der Krieg hat einen kalten Todeswunsch in seine Augen gelegt ... und spätestens hier löst Scott Cooper heftige Erinnerungen an Michael Ciminos "Deer Hunter" aus. Kann er mit Top-Besetzung daran anknüpfen? Leider nicht wirklich. Tobias Kniebe Im Bild: Christian Bale als Russell Baze

2 / 11
(Foto: N/A)

Carne de perro Fernando Guzzonis zu eng gefilmtes, zerrissenes Porträt eines chilenischen Mannes (Alejandro Goic), psychologisch und sozial isoliert, zwischen Angstzuständen und Aggression. Wenn der Ex-Militär Chiles verdrängte, gewalttätige Vergangenheit repräsentieren soll, dann bleibt wegen seiner überbetonten Vereinzelung und Intimität die politische Dimension zu andeutungsvoll und unausgearbeitet. Philipp Stadelmaier Im Bild: Alejandro Goic als Alejandro

3 / 11
(Foto: Barnsteiner-Film)

Deine Schönheit ist nichts wert ... Migrantenland in Wien. Aus der Perspektive des Jungen Veysel schildert der deutschtürkische Regisseur Hüseyin Tabak eine Nachbarschaft von Immigranten, die ihren Platz in Österreich erst noch finden müssen. Es ist ein oft tagträumender Blick, den Veysel auf die Welt wirft, er erträumt sich eine Liebesgeschichte. Poetisch, realistisch - ein Film für Kinder, aber nicht nur. Martina Knoben Veysel (Abdulkadir Tuncer, rechts) gerät in Konflikt mit seinem älteren Bruder Mazlum (Yusa Durak, links). Denn Mazlum bedroht mit seinem Verhalten den Familienfrieden.

4 / 11
(Foto: dpa)

A Long Way Down Auf einem Londoner Hochhausdach treffen vier Selbstmörder aufeinander: ein abgehalfterter Moderator, eine einsame Mutter, ein trauriger Pizzaboy und ein manisches Hipstergirl. Warum daraus eine chaotische Selbsthilfe-Buddy-Truppe wird, war schon in Nick Hornbys Roman nicht einleuchtend, und auch Pascal Chaumeil ringt verzweifelt mit den losen Enden dieser Komödienversuchsanordnung. David Steinitz Im Bild (v.l.n.r.): Imogen Poots als Jess Crichton, Pierce Brosnan als Martin Sharp, Toni Collette als Maureen und Aaron Paul als J.J.

5 / 11
(Foto: Myriam Touzé / Pathé Distribution)

Molière auf dem Fahrrad Ein Fernsehstar (Lambert Wilson) versucht, einen zickigen Theaterschauspieler (Fabrice Luchini) zur gemeinsamen Rückkehr auf die Bühne zu bewegen - und so führen die beiden in Philippe Le Guays Film irgendwie Molières "Der Menschenfeind" auf, ohne Theater zu spielen. Das Ergebnis ist klug, witzig, inspiriert - und schon seiner beiden Hauptdarsteller wegen sehenwert. Susan Vahabzadeh Im Bild: Fabrice Luchini als Serge Tanneur

6 / 11
(Foto: dpa)

Noah Was für ein schöner Ort könnte die Erde sein ... ohne die lästigen, unverantwortlichen, gierigen Menschen. Der gute alte Noah, verkörpert von einem müden Russell Crowe, arbeitet also konsequent darauf hin, diesen Zustand wieder herzustellen in Darren Aronofskys Film - deshalb hat er nur unfruchtbare Frauen an Bord seiner Arche. Ein Endzeitthriller der ungewöhnlichen Art, ein biblischer Fall von Ökofundamentalismus, der dennoch beim amerikanischen Blockbuster-Publikum ganz gut angekommen ist. Fritz Göttler

7 / 11
(Foto: Christian Geisnaes)

Nymphomaniac 2 Teil 2 des Diptychons durchquert die düsteren Lebenskapitel der sexsüchtigen Joe (faszinierend: Charlotte Gainsbourg). Aber es bleibt Lars von Triers zartester und spielerischster Film: Beichte und Burleske, Sucht-Psychogramm und Traumpoesie. In der Wüste ihrer Fühllosigkeit und physischen Selbsterniedrigung keimt Joes Sehnsucht, dass der "Seelenbaum", den der Vater ihr zeigte, auch in ihr wieder Wurzeln schlagen könnte. Rainer Gansera Im Bild: Willem Dafoe als "L" und Charlotte Gainsbourg als Joe

8 / 11
(Foto: dpa)

Snowpiercer Eine neue Eiszeit auf der Erde, die wenigen Überlebenden haben sich in den Snowpiercer gerettet, einen Zug, der wie ein Perpetuum Mobile unaufhaltsam seine Runden um die Erde dreht - darin tobt ein blutiger Klassenkampf. Bong Joon-ho verdichtet mit großer Eleganz die gleichnamige Graphic-Novel-Reihe zu einer klaustrophobischen Achterbahnfahrt mit brutaler Bremsung. David Steinitz Im Bild: Tilda Swinton als Mason

9 / 11
(Foto: Peripher)

Sunny Days Die sonnigen Tage sind hier meistens Nächte, so eisig und einsam, dass nur Alkohol hilft. Trotzdem versucht ein junger Kasache, Geld für die Miete aufzutreiben, aber er scheitert bei allem, was er anfängt. Nariman Turebayevs karger Film ist das Porträt eines Mannes, dem Aufgeben nicht in den Sinn kommt, und ein Entwurf des Alltags in einem Land, in dem es sonderbar und verstörend zugeht. Doris Kuhn Im Bild: Juri Radin als namenloser Protagonist

10 / 11
(Foto: Frank Marten Pfeiffer)

Union fürs Leben Der FC Union eint die, die zu DDR-Zeiten getrennt waren: "Die sind früher von Leuten wie mir eingesperrt worden", sagt einer, der Maueroffizier war über ehemalige Regimekritiker unter den Union-Fans. Dieser gelungene Dokumentarfilm zeigt das Besondere des Kultvereins: die unpolitische Ostalgie und das Identitätsstiftende im Underdog-Sein eines Vereins, der im durchökonomisierten Fußballbusiness stolz auf "seinen eigenen Weg" ist. Maja Beckers Im Bild: Fans von Union Berlin

11 / 11
(Foto: dpa)

Rio 2 Samba-Rhythmen stimmen schon mal auf die Fussball-WM in Brasilien ein. Der blaue Großstadt-Ara Blu pilgert mit Kind und Kegel in die Dschungelwildnis, wo ein Schwarm seiner Artgenossen lebt. "Ice Age"-Regisseur Carlos Saldanha verbindet Familienzusammenführungsdrama und Ökothriller mit einem "Urwald sucht den Superstar"-Szenario - etwas holprig, aber voller Ideen. Anke Sterneborg

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: