Kurzkritik:Unausgeglichen

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Das Royal Danish Orchestra in der Philharmonie

Von Paul Schäufele, München

Das Knallen von Sektkorken ist ein Signal von hoher Evidenz: Jetzt ist man lustig. Mit dem charmanten Champagnergalopp von Hans Christian Lumbye schließt das Sonntagnachmittagskonzert des Royal Danish Orchestra. Das fing zwar mit einer verschlafen undifferenzierten "Helios-Ouvertüre" von Carl Nielsen nicht so lustig an, wurde aber mit dem Auftritt des koreanischen Cliburn-Preisträgers Yekwon Sunwoo zum Klangerlebnis.

Das Grieg-Klavierkonzert wird oft zum Steinbruch für skandinavischen Granit. Der Dreißigjährige aber interpretiert das Konzert mit beispielhafter Delikatesse, Klangreichtum und Eleganz. Die Oktavkaskaden der Ecksätze gewinnen melodische Qualität, während die Kantilenen der traumhaften Mitte nie vorgeschmeichelt werden. Mit silbrigem Legato durchschaut Sunwoo die Partitur, bringt Skalen zum Schweben und verflüssigt sonst handfeste Akkorde. Andere finden gerade in diesem Konzert zum Rhapsodischen, nutzen das Finale für riskante Springtänze. Das Risiko ist Sunwoos Sache nicht. Er spielt kontrolliert und mit Sinn fürs Ganze. Das Grieg-Konzert, häufig überlastet durch Forcierung seiner Schrägheiten, gewinnt durch den analytischen Zugriff.

Dem begeisterten Publikum schenkt er eine salonvirtuose Zugabe, eine Strauss-Paraphrase von Alfred Grünfeld, beiläufig, brillant und zu Jubel animierend. Über Sunwoos Spiel vergisst man fast, dass es noch eine Begleitung gibt. Unter Thomas Søndergårds Leitung präsentiert das dänische Orchester Modest Mussorgskis "Bilder einer Ausstellung". Von den zugrunde liegenden Bildern Viktor Hartmanns sind wenige erhalten, zarte Zeichnungen und Aquarelle, die Mussorgski in diffizile Klanggebilde umsetzte, kongenial orchestriert von Maurice Ravel. Davon ist hier nicht viel zu hören. Die königliche Kapelle spielt fatal unausgeglichen, mit erschlaffter Kreativität und vor allem laut. Mit dem korkenknallenden Neujahrsgruß gewinnt sie an Sympathie, wenn auch nicht an Klangkultur.

© SZ vom 17.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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