Kunstausstellung:Wohnen mit Preziosen

Lesezeit: 3 min

Rund hundert wertvolle Exponate aus allen Gattungen der Kunst hat das russische Museum Peterhof zum Augsburger Schaezlerpalais geschickt. In einer Ausstellung bieten sie fundierte und amüsante Einblicke in die Zarenzeit

Von Sabine Reithmaier

Vigilius Eriksens Porträt aus dem Jahr 1764 zeigt Katharina II. vor einem Spiegel. (Foto: The Peterhof State Museum Reserve)

Bequem waren die Pantoffel mit den hohen Absätzen sicher nicht. Aber Katharina die Große, die in Wirklichkeit mit 1,57 Meter eher klein war, gewann dadurch etliche Zentimeter. Vielleicht war das nicht unwichtig für die Oberbefehlshaberin des russischen Militärs. Sie kreierte sogar ein Uniformkleid, das sie trug, wenn sie die an den Hof geladenen Offiziere empfing. Kleid, Pantoffeln und natürlich noch viel wertvollere Preziosen sind gerade im Augsburger Schaezlerpalais zu sehen. Doch es macht den besonderen Reiz der Ausstellung "Schätze der Zaren" aus, dass sie einen fundierten, aber stellenweise auch sehr amüsanten Einblick in die Lebenswelt der russischen Herrscher bietet.

Mehr als 100 wertvolle Exponate aus allen Gattungen der Kunst und des Kunsthandwerks hat das russische Museum Peterhof nach Augsburg geschickt. Dass dieses Haus ausgerechnet das Schaezlerpalais für die erste Präsentation seiner Preziosen in Deutschland wählte, könnte, so mutmaßt dessen Leiter Christof Trepesch, damit zu tun haben, dass das Augsburger Museum noch originales Ambiente des 18. Jahrhunderts bietet. Schloss Peterhof dagegen befand sich während des Zweiten Weltkriegs zwei Jahre lang im Frontgebiet und wurde beinahe vollständig zerstört; die Kunstwerke waren allerdings rechtzeitig ausgelagert worden. Von den Dimensionen her kann das Augsburger Palais mit dem russischen Museum freilich nicht mithalten, denn Peter der Große baute von 1714 an in seinem Park nicht nur ein Schloss, sondern gleich mehrere. "Wir entsprechen vielleicht einem Parkschlösschen", ordnet Kuratorin Julia Quandt die Größenverhältnisse.

1 / 2
(Foto: The Peterhof State Museum Reserve)

Der Thronsessel von Katharina II.

2 / 2
(Foto: The Peterhof State Museum Reserve)

Eine Besteckgarnitur.

Schloss Peterhof, auch "Versailles" der russischen Zaren genannt, war deren Sommerresidenz an der Küste der Newabucht, nicht weit entfernt von St. Petersburg. Vollständig wieder aufgebaut zählt es längst zum Unesco-Weltkulturerbe. Was Augsburg betrifft, so handelt es sich bereits um die zweite Kooperation mit Russland. Vor zehn Jahren stellten die Museen des Kremls im Maximilianmuseum ebenfalls Objekte der Zarenzeit aus, viele davon waren in Augsburg gefertigt worden. Auch jetzt offenbaren viele Exponate die enge Verbindung zwischen der freien Reichsstadt und St. Petersburg deutlich. Denn auf die Kunst der hochgerühmten Silberschmiede wollte kein Zar verzichten.

Auch Katharina die Große nicht. Sie ordnete ihr Reich von 1776 an neu und teilte es in gleichwertige Gouvernements ein. Für jeden ihrer Regierungschefs bestellte sie zu Repräsentationszwecken ein 1000 Teile umfassendes Silberservice, sechs davon in Augsburg, den Rest in Paris und London. Teller, Platten, Schüsseln oder eben die gewaltige Suppenterrine, die im ersten Saal prunkt. Das komplette Service wog 532 Kilogramm. Hoch geschätzt waren auch Augsburger Kupferstecher und Verleger, die das Bedürfnis nach Guckkastenbildern, Kalendern, Landkarten und Stadtansichten stillten. Peter der Große (1672 - 1725) begeisterte sich ohnehin für alles, was aus dem westlichen Ausland kam, wollte sein Land unbedingt an die westliche Kultur annähern. Er holte Spezialisten der unterschiedlichsten Fachgebiete an seinen Hof, die ihr Wissen an heimische Handwerker weitergaben. In seinem Lustschloss Monplaisir richtete er die erste Gemäldegalerie des Landes ein.

Er schätzte vor allem die Niederländer und als begeisterter Seefahrer ganz besonders Seestücke. Von dieser Leidenschaft zeugen nicht nur Gemälde, sondern auch ein entzückendes Modell eines Segelboots aus Silber. Generell beeindrucken die kunstvollen Metallarbeiten, egal ob Kästchen, Kerzenleuchter, Schnupftabakdosen oder eine aparte Trinkkelle, auf deren Griff das Bildnis von Kaiserin Anna Iwanowna, der Nichte Peters, eingraviert ist.

1 / 2
(Foto: The Peterhof State Museum Reserve)

Ein Kästchen aus Bronze.

2 / 2
(Foto: The Peterhof State Museum Reserve)

Eine Schnupftabakdose.

Eine Wucht ist das Portrait von Kaiserin Elisabeth Petrovna (1709 - 1762), geschaffen von Charles-André van Loo, das durch seinen gigantisch ausladenden goldenen Rahmen die Umgebung nahezu erschlägt. Vergleichsweise bescheiden wirkt dagegen das Portrait Katharinas der Großen (1729 - 1796) vor einem Spiegel, gemalt von Virgilius Eriksen. Auch Katharinas Thronsessel ist einschließlich des Fußschemels zu besichtigen. Zumindest in seinen Grundstrukturen sei er, so formuliert es Kuratorin Quandt, noch original. Das wertvolle Stück wurde irgendwann neu gepolstert, auch die Vergoldung der Holzschnitzerei musste aufgefrischt werden.

Dass es den Zaren bei aller Liebe zu Augsburg und dem Westen auch darum ging, die russische Handwerkskunst zu stärken, lässt sich in der Schau nachvollziehen. Zwar kauften sie weiter in Westeuropa ein - eine Tafel ist komplett mit englischem Wedgwood-Geschirr eingedeckt - doch später übernahm die Versorgung mit Geschirr die kaiserliche Porzellanmanufaktur, gegründet 1744 auf einen Erlass von Elisabeth hin. Auch wenn ihr persönliches Teegeschirr - vergoldet mit aufgemalten Blütengirlanden und aufgesetzten Rosen - sehr hübsch anzusehen ist: Die Zarinnen kauften lieber weiter in Meißen ein.

Kunstschätze der Zaren. Meisterwerke aus Schloss Peterhof , bis 15.3. Schaezlerpalais, Maximilianstraße 46, Augsburg

© SZ vom 02.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: