Kulturgeschichte des Selbst:Raffaels Sex, Dürers Diät

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Früher Tod durch erotische Hyperaktivität? Selbstporträt von Raffael. (Foto: IMAGO/H. Tschanz-Hofmann)

Entleert der Koitus das Gehirn? Und sind Identität und Geschlecht nur Obsessionen der Gegenwart? Dazu ein kurzer Rückblick zu den Influencern der Renaissance.

Von Peter Richter

Sex soll Michelangelo so gut wie nie gehabt haben. Raffael dagegen praktisch pausenlos. So viel, dass schon die engeren Zeitgenossen gestaunt haben, wie er daneben noch zum Malen seiner Madonnen gekommen ist. Heute ist in kunsthistorischen Seminaren eher über die grundlegenden Unterschiede der beiden bei den Fresken im Vatikan oder beim Bau des Petersdoms die Rede. Die Gelehrten der Hochrenaissance selbst legten ihr Augenmerk mit umso unverhohlenerem Interesse auch auf die eher privaten Aktivitäten. Allein der Umstand, dass sie davon überhaupt Kenntnis zu haben meinten, zeigt schon, wie gezielt selbst das Private für die Mythenbildung eingesetzt wurde, jedenfalls im Fall von Michelangelo, der sich auch sonst um ein Image von Arbeitseifer und Askese bemühte. Wenig Essen, wenig Schlaf, und beim Thema Koitus riet er ebenfalls zur Zurückhaltung: "Wenn Du dein Leben verlängern willst, praktiziere ihn nicht, und wenn doch, dann so wenig wie möglich."

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