Konzert:Schmäh und blaue Noten

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Das Janoska Ensemble, ein Virtuosen-Quartett aus Wien, bearbeitet mit Lust und Laune große Werke aus dem klassischen Kanon

Von Karl Forster

Wer Vergnügen findet an unbändigem Musikantentum, also daran, dass Musiker Spaß haben an der Freud', der ist beim Janoska Ensemble bestens aufgehoben, wenn es in der Allerheiligen Hofkirche auftritt. Denn dieses Quartett, bestehend aus den Brüdern Ondrej (Violine), Franzišek (Klavier) und Roman (Violine) Janoska und deren angeheiratetem Cousin Julius Darvas am Kontrabass brilliert nicht nur mit Selbstgeschriebenem, sondern vor allem mit der Kunst der Variation bekannter Werke, in der modernisierenden Bearbeitung von Klassischem und Poppigem und der dabei notwendigen Disziplin, "keine Angst vor großen Namen" zu haben.

Nun ist ja die musikalische Ausschmückung vorhandener Musiken keine Erfindung der Jetztzeit, sondern seit Jahrhunderten Gang und Gäbe. Man denke nur an den gregorianischen Choral, in dem es dem Vorsänger vorbehalten war, die in Neumen gefassten Melodien kunstvoll auszuschmücken. In der Barockzeit notierte man oft nur grob, was der Solist dann je nach Lust, Laune und Können zu umspielen hatte. Die Romantik ist voll von mehr oder weniger ehrfurchtsvollen Bearbeitungen barocker Kompositionen. Und der Jazz lebt sowieso von der Improvisation.

Bejubelt und beklatscht - das Janoska Ensemble auf dem Weg zur Arbeit. (Foto: Julia Wesely)

Vieles davon findet sich in den Stücken, mit denen das in Wien ansässige, aber von der Musikalität im fröhlichen Balkan heimische Quartett die Bühnen der Welt erobert hat. Im aktuellen Kompendium mit dem etwas vollmundigen Titel "Revolution" tun sie das mit Werken von Bach und Mozart bis zu den Beatles, dazwischen gibt's etwas Kreisler, Tschaikowsky, Cole Porter und Eigenes.

Es erhebt sich natürlich auch hier, bei aller Süffisanz im Spiel, bei aller stupenden Beherrschung der Instrumente, und gerade auch bei aller Kühnheit in der Bearbeitung die Frage: Werden die so behandelten Werke dadurch besser? Dazu ein eindeutiges: Nein, werden sie nicht, aber anders schön. Gerade bei Mozarts Figaro-Ouvertüre, der (nicht unpassend, ist doch das Werk durchaus politisch gemeint) die ersten Takte der Marseillaise vorangestellt sind, verblüffen zunächst Tempo und filigranes Spiel. Nun ist es aber erstens so, dass dies jeder gute Tutti-Geiger auch spielen können muss und zweitens, dass einst Karajan da noch ein paar Zacken schneller zugange war. Und der Einschub eines jüdischen Volksliedes gegen Ende wirkt schon recht herb.

Ähnlich - und das auch nur als Beispiel - ergeht es einem bei "Yesterday" von den Beatles und erst recht beim heiligen Air aus Bachs h-Moll-Suite. Viele haben sich schon an diesem Stück versucht, oft besser gesagt: vergangen. Bei den Janoskas klingt zumindest Respekt durch - und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Material.

Vom unlängst verstorbenen Jacques Loussier (so lange er Bach verswingte) über das Rocktrio Emerson Lake & Palmer bis zur radikal genialen Mozartband von Wolfgang Staribacher gibt es gelungene Beispiele der musikalischen Anleihenkunst. Auch das Janoska Ensemble hat sich in diese Riege mit Schmäh und blauen Noten hineingespielt.

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Janoska Ensemble: Revolution ; Freitag, 22. März, 20 Uhr, Allerheiligen Hofkirche, Residenzstraße 1

© SZ vom 22.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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