Kinostarts der Woche:Mit den verzauberten Augen eines Jungen

In "Pan" plündert J. M. Barrie einschlägige Teenie-Franchises, "Horse Money" hingegen verteidigt die Idee vom Kino und vom Menschen. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von SZ-Kinokritikern

Awake - Das Leben des Yogananda

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(Foto: Mindjazz)

Paramahamsa Yogananda (1893-1952) gehörte zu den Menschen, die zu Beginn des letzten Jahrhunderts Yoga im Westen populär machten. Die spirituelle Leitfigur zahlloser Sinnsuchender begründete Schulen und schrieb den Bestseller "Autobiographie eines Yogi". Ihm und seiner Lehre huldigen die Regisseure Paola di Florio und Lisa Leeman. Wer eine wirklich informative oder gar kritische Dokumentation erwartet, wird enttäuscht, wer ohnehin Anhänger ist, bestätigt.

Er ist wieder da

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(Foto: dpa)

Nachdem er 2014 auf einem Berliner Hinterhof erwacht, beschließt Adolf Hitler, da weiterzumachen, wo er 1945 aufgehört hat. Sein wichtigster Verbündeter im Kampf um die Köpfe: das Privatfernsehen. In David Wnendts Bestseller-Adaption geht Hitler zudem auf einen (pseudo-)dokumentarischen Roadtrip zu den Deutschen, die ihn größtenteils vermisst zu haben scheinen. Aus Angst vor der eigenen Courage kippt der Film von der Dystopie in die Klamotte. Über Hitler zu lachen ist eben unverfänglicher als mit Hitler über Deutschland zu lachen. Eine ausführliche Rezension lesen Sie hier.

Horse Money

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(Foto: Grandfilm)

Im letzten Teil seiner Fontaínhas-Tetralogie lässt der Kinokoloss Pedro Costa seine kolossale Figur Ventura post mortem das bewegte Totenreich der Geschichte durchwandern: zwischen Kap Verde und Lissabon, zwischen der Nelkenrevolution 1974 und heute. Gigantischer, klassischer, zeitloser, aus der Nacht geholter Film, der eine Idee vom Kino und vom Menschen verteidigt. Bitte anschauen (und weitersagen).

Landraub

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(Foto: dpa)

Ackerland: die neue Investoren-Goldgrube. Landgrabbing: der neue Kolonialismus. In vielstimmiger Zeugenschaft präsentiert Kurts Langbeins brisanter Report die Machtmaschinerie, also das Triumvirat aus Spekulanten, Agrarindustrie und gefügigen Politikern, und deren Opfer, vor allem bäuerliche Dorfgemeinschaften. Besonders erschreckend: die Vertreibung der Kleinbauern in Kambodscha. So entstehen Flüchtlingsströme.

La Marche à suivre - Guidelines

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(Foto: Arsenal Filmverleih)

Eine Highschool in der frankokanadischen Provinz. "Problemschüler" (schlechte Noten, Prügeleien, Drogenkonsum) vor dem Tribunal freundlich bemühter Vertrauenslehrer. Dazu hübsche Freizeit-Impressionen. Geduldig, mit kunstvoll komponierten Scope-Bildern meditiert Jean- François Caissys Dokumentation das Drama der Adoleszenz, diesen Taumel zwischen Langeweile, Sehnsucht nach Anerkennung und Regelverstoß.

Der Marsianer - Rettet Mark Watney

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(Foto: Warner)

MacGyver im Weltall: Der Astronaut Mark Watney wird von seinen Kollegen auf dem Mars zurückgelassen, weil sie ihn nach einem Unfall für tot halten. Jetzt schaut man ihm beim Überleben zu. Wer sich nach der Poesie des Weltalls sehnt, der wird enttäuscht sein, für alle Heimwerker hingegen ist es ein Traum, Ridley Scott erzählt das Ganze nämlich als Mischung aus Robinsonade und interplanetarischem Physik- und Biounterricht: Wie pflanzt man Kartoffeln im All? Wo kriegt man Wasser her? Wie dichtet man eine kaputte Station ab? Und wie holt man einen vergessenen Kollegen von da oben wieder runter? Eine Rezension im Video sehen Sie hier.

Pan

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(Foto: Warner)

Die Welt gesehen mit den verzauberten Augen eines Jungen, der aus Dickens Arme-Leute-London gepflückt und im fliegenden Piratenschiff ins Neverland von J. M Barrie katapultiert wird. Wie schon in "Hanna" oder "Anna Karenina" verwebt Joe Wright auch in seiner Version der Vorgeschichte von Peter Pan, Captain Hook (Garry Hedlund), Blackbeard (Hugh Jackman) und Tiger Lily (Rooney Mara) Realität und Märchen. Dabei plündert er für sein erstes Familienabenteuer einschlägige Teenie-Franchises und zerreißt seine sonst so kunstvoll konstruierten, langen Einstellungen in rastlose CGI-Gewitter.

The Program

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(Foto: N/A)

Lance Armstrong hat es auch jenseits des Radsports zu trauriger Berühmtheit gebracht - ein gefallener Star, der König der Dopingsünder. Stephen Frears ("The Queen") erzählt die Geschichte von Aufstieg und Fall leider ohne Mehrwert, es kommt alles vor, was wichtig ist - aber so gut wie nichts, was über den Fall Armstrong hinausweisen würde. Eine verpasste Chance.

Der serbische Anwalt - Verteidige das Unfassbare!

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(Foto: Bernsteiner Filmverleih)

Was heißt es, der Rechtsbeistand eines mutmaßlichen Massenmörders zu sein? Das untersucht Aleksandar Nikolic in seinem Porträt des serbischen Juristen Marko Sladojevic, der den früheren bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag unterstützt. Sladojevic ist ein smarter junger Mann, der sich "der Wahrheit" verpflichtet fühlt. Dafür sammelt er Mosaiksteine: grausige Details des Tötens.

Straßensamurai

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(Foto: Atimos)

Eine Dokumentation, die als Porträt von Berliner Club-Türstehern daherkommt, aber gleichzeitig ein Leben mit der Kampfkunst beschreibt. Regisseur Samer Halabi Cabezón begleitet fünf Protagonisten tagsüber im Training, nachts bei der Arbeit, lässt sie erzählen, wie die Liebe zum Kampfsport die Berufswahl bedingt. Ein freundschaftlicher Blick auf die professionelle Seite der Partyszene, ins Bild gesetzt in nächtlichem Schwarzweiß.

Wochenenden in der Normandie

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(Foto: Kairos)

Zwei Ehepaare sind miteinander alt geworden, am Wochenende treffen sie sich in ihren benachbarten Häuschen in der Normandie. Der eingespielte Rhythmus gerät aus dem Trott, als Jean seine Frau verlässt. Leider gerät damit auch der Film von Anne Villacèque aus dem Trott: Die kurzen Episoden ergeben kein Ganzes. So bleibt der Wunsch, auch ein Häuschen in der Normandie zu besitzen, und die Erkenntnis, dass Ulrich Tukur, der den zweiten Mann spielt, offenbar wirklich alles kann, auch Französisch.

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